Die ganze Nacht hat es geregnet. Morgens leuchtet ein Schnipsel Regenbogen zwischen den Gipfeln.
Saukalt ist es. Wir fühlen uns müde und erschöpft, werden wir schon wieder krank?
Das Wetter passt zur Stimmung. Nix mit draußen sitzen. Ein Drinnentag.
Der Blick aus dem Fenster:
Einfach nur oll draußen….
Und so bleibt es den ganzen Tag. Mehr ist heute nicht los.
************************************
Vormittags gibt es eine Regenpause. Wir kullern aus dem Shelter, fühlen uns beide angeschlagen und kränklich
Auf allen Blättern und Zweigen schimmern Regentropfen, wie Glasperlen
„Steigt das Wasser? Oder täusche ich mich?“ fragt Martin
Nein, leider keine Täuschung, der Pegel steigt eindeutig.
Die Wiese, auf der wir stehen, suppt schon durch.
Wir entscheiden, den Platz zu wechseln. Schnell packen wir zusammen, über die matschigen Pfützenpfade schaukeln wir los.
Der Fluss tritt überall über das Ufer, steigt rasend schnell an. Gut entschieden.
Auf der Strasse kommen uns Radwanderer entgegen. Hart im Nehmen.
Der Parkplatz an der Brücke ist nicht weit weg und liegt mehrere Meter über dem Ufer. Nicht schön, aber praktisch.
Dort richten wir uns ein.
Der Regen ist jedoch nicht das Schlimmste heute: die heftige Erkältung, die wir in den letzten Wochen mit Pülverchen unterdrückt haben, meldet sich im Laufe des Tages mit voller Kraft zurück. Furchtbarer Husten, Kopf- und Halsschmerzen quälen uns beide, Fieber kommt. Schlapp und müde bleiben wir liegen. Alle Pläne für die nächsten Tage sind gestrichen. Diesmal kurieren wir das aus, ohne Pülverchen…
Jetzt, wo wir ruhiggestellt sind, befällt uns auf einmal eine tiefe Schwermut. Eine dunkle Welle drückt uns nieder. Plötzlich ein Gefühl von: was soll denn da noch kommen? Anscheinend der Nachhall der Antarktisreise. Was wollen wir uns denn überhaupt noch ansehen? Nichts interessiert uns. Wir sind so satt mit Bildern und Erlebnissen, es fehlt der Hunger auf neue Abenteuer. Sehr befremdlich, das kennen wir garnicht. Wir sind beide niedergeschlagen. Offensichtlich brauchen wir dringend noch mehr Zeit, um alles zu verarbeiten. Insofern kommt der Stillstand jetzt gerade recht.
Am Abend verziehen sich die Regenwolken
und legen schneebedeckte Gipfel frei. Brrrrr, kalt……
Die Heizung läuft, wir versuchen mal zu schlafen. Gute Nacht!
*****************************************************
Eine kalte Nacht. Morgens liegt noch Schnee
aber bis mittags ist er abgetaut
Die Erkältung hat uns fest im Griff. Schlafen, Husten, Tee trinken und gesund werden. Mehr nicht.
********************************************
Martin fühlt sich am nächsten Morgen etwas besser. Zum Glück, denn wir müssen einkaufen, ob wir wollen oder nicht.
Die Energie reicht für einen Besuch im Anonima
und einen kurzen Abstecher entlang des Beagle Kanals. Nur wenige Kilometer, dann soll dort ein sehr schöner Stellplatz sein, hat man uns erzählt. Wir landen auf einem engen, zugestellten Parkplatz, gefällt uns nicht, umdrehen und zurück zum Parkplatz an der Brücke.
Das war´s für heute. Energie aufgebraucht.
Feierabend.
************************************
Langsam geht es uns beiden besser. Das Schlimmste ist überstanden.
Und auch der Unternehmungsgeist kehrt zurück, wir tauchen auf aus dem Tief. Ein Glück!
Was wollen wir unternehmen? Die Wanderung zur Laguna Esmeralda können wir vergessen, dafür sind wir noch zu schlapp.
Aber für ein paar Kilometer Fahrt entlang des Beagle Kanals sollte es reichen, meint Martin.
Die Sonne ist auch wieder da, na denn?
Los geht´s! Wir fahren wieder!
Zwischen den Bergen hängen noch die letzten Regenwolken. Genau vor einem Monat sind wir diese Strecke in umgekehrter Richtung gefahren, nach Ushuaia. Wie aufgeregt wir waren, so voller Vorfreude! Und wir wurden nicht enttäuscht, im Gegenteil!
Am Skiresort vorbei sausen wir dahin, bis zum Abzweig nach Almanza.
Ab auf Piste. Nass, aber fest, gut zu fahren. Wir passieren einen Kontrollposten, dies ist ein Zollgrenzbezirk zu Chile.
Hinein in die Südbuchenwälder Feuerlands
Einmal TRÖÖT! für Gaucho Gil!
Möge er weiterhin seine schützende Hand über unsere Reise halten.
Auf den Lichtungen idyllisch gelegene Häuser
Dann stehen die Bäume dicht an dicht, wie ein undurchdringlicher Zaun
Es geht hinauf auf eine Hochebene. Am Himmel braut sich schon wieder ganz schön was zusammen….
Nach einer Stunde wunderschöner Fahrt, sehen wir das blaue Wasser des Beagle Kanals durch die Wälder schimmern.
Es geht abwärts, und wie!
Gegenüber liegt Chile, Puerto Williams. Vor einer Woche sind wir mit dem Schiff daran vorbeigefahren.
Nur noch wenige Kilometer bis Almanza.
Das Dorf besteht aus einer Ansammlung bunter Häuser und Restaurants. Von schick bis „aus-irgendwas-zusammengedengelt“
Etwas außerhalb liegt der Hafen, dort schauen wir nach einem Platz, reicht für heute. Mit lautem Geschrei fliegen Bronzekiebitze auf
Die Piste führt zu einer Wiese. An einem Tümpel grasen friedlich Magellangänse und Pferde.
Hier finden wir unseren Feierabendplatz.
Mit direktem Blick auf den Beagle und die chilenischen Berge. Herrlich!
Um uns herum blüht Klee, es summt und brummt
Wieder die wunderschönen Stachelnüsschen
Aber jetzt zeigen sie ihr wahres Gesicht: es sind hartnäckige Kletten.
Widerspenstige Biester, die tief in die Finger pieksen! Auah!
Wir machen einen Spaziergang
Am Ufer sind Geschütze aufgefahren. Ende der 70er Jahre stritten Argentinien und Chile um drei Inseln im Beagle Kanal. Der damalige Papst konnte die Situation entschärfen, aber die Militärbasis blieb hier bestehen.
Eine kleine Runde durch die Siedlung. Neben der neuen Polizeistation lagern alte Dampfmaschinen. Der Boden besteht zum Teil aus grasbewachsenen Muschelbergen
Schnell verlassen uns die Kräfte, wir sind doch noch etwas kränklich, nicht ganz fit. Gleich den ersten Abzweig nehmen wir zurück
Am Hafen steht die alte Polizeistation, welch ein Unterschied!
Ob dieser Camper noch fährt? Oder steht er hier für immer als Ferienhaus?
Am Tümpel stolziert ein Schwarm Schwarzzügelibisse durch das hohe Gras. Die Schnäbel sind wie scharfe Degen.
Eine Dampferentenfamilie watschelt vorbei
Da sind wir schon wieder zuhause.
So schön hier auf der Wiese.
Leider sieht der Wetterbericht äußerst mau aus. Drei Regentage sind angekündigt. Und heftiger Wind. Ausweichen können wir dem Regen nicht, er hängt über der Insel und der gesamten Westküste.
Aber wir kennen ja inzwischen das Wetter auf Feuerland. Wenn eines sicher ist, dann das es sich nicht vorhersagen lässt.
Lassen wir uns überraschen……
Im Abendlicht ziehen die Kreuzfahrtschiffe auf dem Beagle an uns vorbei, Richtung Antarktis
Nur mal so, rein spielerisch, schaue ich nach, wann denn im kommenden Dezember die „Shakleton-Reise“ mit der SH Diana losgeht.
Ich suche und suche….das gibt´s doch nicht…..doch, tatsächlich! Diese Tour wird garnicht mehr angeboten! Es gibt auch keine Tour über Weihnachten und Silvester. Entweder das eine oder das andere. Die längste Reisedauer sind 13 Tage im Januar 2026. Kein Falkland im Programm. Das ist ja schade!
Wir können es kaum fassen. Was hatten wir für ein Glück mit unserer langen Reise! Und mit der Reiseroute!
Da haben wir ja das ganz große Los gezogen! Krass!
Heute gehen wir früh ins Bett, wir sind beide noch ganz schön angeschlagen.
Gute Nacht!
**********************************
Im Morgengrauen blinken die Lichter von Puerto Williams.
Das Morgenlicht ist so klar, die Luft wie frisch gewaschen. Ein typisches Feuerlandlicht, das die Gräser golden leuchten und den Himmel im schönsten Blau strahlen lässt.
Ein laues Lüftchen streicht über die Wiesen.
Vom angekündigten Regenwetter keine Spur. Man könnte sehr gut noch etwas hierbleiben. Aber uns zieht es weiter. Heute fahren wir zum südlichsten Punkt der Erde, den wir mit der Rappelkiste erreichen können.
Vielleicht halten wir ja auf dem Rückweg hier nochmal für eine Nacht oder zwei…
Liebe Grüße! Bis später!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
Schreibe einen Kommentar