Eine ruhige Fahrt über die Magellanstrasse, kaum Wellen. Nach 2½ Stunden kommt Punta Arenas in Sicht, unser Zielhafen.
Kurz vorm anlegen sehen wir den Soldaten zu, wie sie über die Rappelkiste in ihre Wagen klettern….
Gleich wird die Rampe runtergelassen, wir sitzen im Steyr. Es wackelt, weil immer mehr Männer über unsere Stoßstange ihre Pritsche erklimmen.
Endlich sind alle drin, die Rampe ist unten, wir rollen vom Schiff. Am Hafen steht das gleiche futuristische Hafengebäude wie in Porvenir.
Zuallererst steuern wir einen Supermarkt an. Wir haben ja immer noch kein Obst oder Gemüse.
Ein Riesending, aber es gibt kein Gemüse, keinen Wein, kein Bier, nur Hochprozentiges. Hilft uns nicht weiter.
Eine ganze Weile kurven wir durch die Stadt auf der Suche nach einem Laden. Links, rechts, geradeaus, nicht ein einziges Mal gibt es eine Parkmöglichkeit vor den kleinen Gemüsegeschäften. Leicht genervt stehen wir vor einer roten Ampel, ich lasse den Blick schweifen und entdecke in der Seitenstrasse einen Unimarc Supermarkt mit großem Parkplatz, hallelujah! Die Rettung.
Das Gemüse ist in gutem Zustand, wir bekommen endlich alles, was wir brauchen.
Clopapier ist auch in Chile ein Luxusartikel
13,25€ pi-mal-Daumen Nichtmitgliederpreis für acht Rollen einlagiges, hauchdünnes Papierchen…hoppla….
Käse wird in extraverschlossenen Sicherheitsboxen aufbewahrt. Nimmt hier der Gouda Diebstahl überhand? Interessant….
Einkauf wär erledigt. Jetzt fehlt nur noch ein schöner Platz zum übernachten. Wir machen uns auf die Suche.
Einmal komplett von Nord nach Süd. Der erste Eindruck von Punta Arenas: viel Kunst, ein Kreuzfahrtschiff, hübsche alte Bausubstanz.
Alles gut und schön, aber kein Parkplatz. Weit außerhalb die erste Möglichkeit auf einem schiefen Seitenstreifen an der Hauptstrasse. Oder bei den Wracks auf dem schrägen Parkplatz. Es sind drei historische Segelschiffe, unter anderem der Viermaster „County of Peebles“, das erste Segelschiff der Welt aus Stahl von 1875. Sie liegen hier als Wellenbrecher vor dem Strand. Die leisten sich was…das erste Stahlsegelschiff der Welt als Wellenbrecher? Kaum zu glauben.
Diese Plätze sind viel zu weit weg von der Stadt. Wieder zurück.
Wir kurven hin und her, probieren Seitenstrassen, alles concesionado, Parkraumbewirtschaftung nennt man den Mist bei uns.
Quetschen uns in eine Lücke an der Hauptstrasse, ein mieser Platz, quasi mitten im Verkehr. Nochmal eine Runde, alles voll oder zu eng, wir testen eine schräge Wiese, nee, das geht garnicht und wieder zurück. Anstrengend.
Da! Neben einem Kinderspielplatz finden wir endlich unseren Feierabendplatz.
Wurde auch Zeit. Der Spielplatz ist voller Kinder, die Eltern plaudern, die Kinder toben. Unter Flutlicht geht das bis nachts um halb elf.
Uns stört´s nicht, wir sitzen gemütlich in unserem Zuhause, kochen was feines und genießen den Abend.
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Sonntag, ein Tag für einen Stadtrundgang.
Entlang der Promenade an der Magellanstrasse. Tripulantes Galeta Ancud, ein Gedenken an die Eroberung der Magellanstrasse und ihrer Ufer.
Verheerend für die Ureinwohner – niedergemetzelt, bis kaum noch einer übrig war.
Die alten Hafenlagerhäuser sind bunt bemalt, das sieht lebendig und wunderschön aus.
Vor allem die gemalten Fenster und Erker mit der Katze auf dem Sims. So wird aus tristen Gebäuden ein „lebendiges“ Stadtviertel. Schön.
Der allgegewärtige Schriftzug kommt hier in Edelstahl statt aus Kunststoff
Tourifoto, immer gerne…
Auf der verwitterten Mole hocken hunderte Kormorane
Und hier: ein alter Bekannter!
Oh, wir dachten, es ist der gute alte Ernie Shakleton, aber es ist Luis Pardo, dessen Schiff Shakletons Männer von Elephant Island gerettet hat.
Er zeigt in Richtung Antarktis. Krasses Gefühl, nicht lange her, da waren wir auch dort….
Wir schlendern rauf zur Einkaufsstrasse
Außer den Souvenirshops ist alles geschlossen, Sonntagsruhe. Schauen wir uns mal die Souvenirs an.
Schöne Mützen. Der nächste Shop hat schon vor der Tür einiges zu bieten. Ureinwohner in ritueller Bemalung mit Holzkopfputz. Sieht stark aus.
Steht mir auch gut…
Also, die Wollmützen eben waren ja schon klasse, aber diese hier…
Da komm ich schwer in Versuchung…..
Das sogar Cafés am Sonntag geschlossen haben, überrascht uns dann doch.
In den Seitenstrassen steht Alt neben Neu, die Stromknäuel begeistern uns
Manch eine Schönheit im Dornröschenschlaf wartet noch auf Erweckung. Gegenüber ist schon alles renoviert
Auf seinem Denkmal posiert ein triumphierender Magellan auf einer Kanone und schwingt seinen Hut. Zwei geschlagene Ureinwohner hocken ihm zu Füssen. Angeblich kehrt man nach Punta Arenas zurück, wenn man den Zeh der einen Figur küsst. Wir beobachten das von der Parkbank.
Küssen werde ich das nicht…
Die immens reichen Großgrundbesitzer haben in Punta Arenas ihre prächtigen Stadtvillen hinterlassen. Eine wunderbare Gründerzeit Bausubstanz.
Eine Villa kann man besichtigen. Durch die Seitenstrassen schlendern wir zum Museo Regional de Magellanes.
Untergebracht im Palacio Braun-Menendez. Durch die Hochzeit von Josefina Menendez und Mauricio Braun vereinten sich zwei der mächtigsten Familien in Patagonien. Unvorstellbar großer Grundbesitz und Reichtum. Das Museum in ihrem einstigen Stadtpalais zeigt die Originaleinrichtung. Möbel, Holzvertäfelungen, Tapeten, Parkett, alles aus Europa importiert.
Wir haben Pech, leider wegen Renovierung geschlossen, schade.
Auf den Rückweg zur Rappelkiste entdecken wir in einer etwas öden Einkaufsstrasse das „La Chocolatta“
Hier gönnen wir uns Kaffee und Chocolatta mit ganz viel Sahne! Und zwei sehr teure Täfelchen hausgemachte Schokolade für später.
Heimweg.
Eine Weile sitzen wir noch auf bequemen Betonbänken am Strand, dann wird uns der Wind zu kalt und es tröpfelt.
Wir gehen nach Hause.
Auf dem Spielplatz harren die Eltern eisern aus, trotzen Wind und Regen. Kindern ist das ja sowieso egal.
Die Schokoladentäfelchen sind eine einzige Enttäuschung. Kakao, sehr viel Zucker und Kokosfett. Das ist unserer Meinung nach keine Schokolade und den beträchtlichen Preis nicht wert.
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Guten Morgen!
Mit unserem Spielplatzparkplatz hatten wir richtig Glück.
Zentral genug, um zu Fuß die Stadt zu erkunden, ruhig in der Nacht, echt prima. Überhaupt gefällt uns Punta Arenas, schöne Stadt.
Wir starten, machen uns erneut auf die Suche nach Gas.
Hängen die Stromleitungen nicht zu tief? Passen wir da drunter durch?
Ja, zum Glück….
In einem Wohnviertel steht unter der angegebenen Adresse im Garten eines kleinen Häusls ein Gastanklaster
Martin klingelt. Ein älterer Mann bestätigt, das wir hier unsere Gasflasche gefüllt bekommen. Aber er muss erstmal unsere Flasche sehen.
„No problem.“ Das klingt gut. 20,-€ will er für die 5kg Füllung, holá hombre! Indignante! Unverschämt!
Haben wir eine Wahl? No!
Das wäre endlich erledigt.
Ab geht´s nach Puerto Natales.
Links und rechts der Ruta 9 stehen die Blubberblasen einer großen Abhöranlage.
Ruta del Fin del Mundo, Strasse zum Ende der Welt….passender Name, genau so sieht´s aus…..
Kunst am Strassenrand, ist das der Entwurf einer futuristischen Strassenlampe?
Die Streckenführung ist etwas monoton, Regenschauer und brutaler Seitenwind bringen mehr Spannung in die Sache
Jede Abwechslung ist willkommen und seien es nur ein paar planschende Enten und Gänse
Am Horizont ein außergewöhnlicher Monolith, der Morro Chico
Wir überqueren den Rio Penitente, den Fluss der Büßer…
Noch 66 Kilometer. Der heftige Wind macht die Fahrt anstrengend, Martin muss ständig gegenlenken. Böen versuchen, uns von der Strasse zu schieben. Am Rio Rubens soll es einen schönen Stellplatz geben, wir hätten beide nichts gegen Feierabend.
Vor der Brücke verhindert ein Zaun die Zufahrt zum Rio, hinter der Brücke ein hoher Kiesberg. Nix mit Feierabend. Aber eine Pause am Strassenrand.
Während wir ein Brötchen essen, wundere ich mich. Da fehlt doch der Gurt vom Ersatzreifen auf dem Dach?
Tatsächlich. Der Gurt hat sich nach oben gerüttelt und der Wind hat die Abdeckplane hochgeschoben
Leiter raus, Martin klettert hoch.
Dieser Wind!
Endspurt nach Puerto Natales.
Was aussieht wie eine Müllhalde, ist ein Schrein für „Difunta Correa“. Eine Frau, die auf der Suche nach ihrem Mann verdurstet ist. Man fand sie, ihr Kind säugend, tot am Strassenrand, seltsame Geschichte. Sie wird sehr verehrt. Gefüllte Wasserflaschen werden als Opfergabe abgelegt
Noch ein bißchen geradeaus, dann erreichen wir Puerto Natales
Gleich am ersten Kreisel begrüßt uns ein großes Milodon, ein Urtier, das früher in den umliegenden Wäldern gelebt hat.
In einer Höhle in der Nähe hat man Skelette und Knochen vom Milodon gefunden.
Gleich dahinter die nächste Kunstattraktion:
El Mano. Eine Nachbildung der Mano del desierto in der Atacama Wüste.
Nur ein paar Meter weiter, bei einer Skaterbahn:
Amores de viento, die Windliebenden
Zum 101. Geburtstag von Puerto Natales aufgestellt.
Da bekommen wir ja schon einiges geboten, nur im Vorbeifahren. Wir finden einen Parkplatz am Wasser.
Sehr schön, aber….die Wolkenberge verheißen nichts Gutes. Jetzt schon rüttelt der Wind unbarmherzig an der Rappelkiste. Martin checkt das Wetter, ein Sturm zieht heute Nacht auf. Nein, da suchen wir uns lieber etwas windgeschütztes.
Einmal quer durch die Stadt
Viele Backpacker mit ihren übergroßen Rucksäcken. Von hier aus werden Touren zum Torres del paine NP organisiert.
Beim Stadion finden wir neben einer verlassenen Disko ein windgeschützteres Plätzchen für heute Nacht.
Nicht schön, aber zweckmässig. Und schon beginnt es zu regnen….
Feierabend für heute…
Bis morgen, liebe Grüße!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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