Der Wind meldet sich aus dem Urlaub zurück. Sanft schaukelt die Rappelkiste hin und her.
Ansonsten feinstes Wetter in Calafate
Wir starten und fahren rauf zur Wäscherei.
In der gesamten Stadt ist der Strom ausgefallen, keine Wäsche heute. Unser Versuch, in einer Panaderia Media Lunas zu bekommen, scheitert: Montags geschlossen. Außerdem könnten sie sowieso nicht backen: Stromausfall, ach ja….Im Minimercado können wir Eier kaufen, aber keinen Käse: die Waage geht mit Strom. Na gut.
Am Busbahnhof ist ein offizieller Womo-Stellplatz ausgewiesen.
Keine Schönheit, aber der Boden ist eben, ein guter Platz um Rappelkiste eine Pflegeeinheit zu geben. Martin möchte die Achsen etc abschmieren. Der Wind hat was dagegen. Staubwolken vernebeln die Luft, eiskalte Böen – keine Chance, heute unterm Auto zu liegen.
Also ein Drinnentag.
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Guten Morgen! Strom ist wieder da! In der Panaderia gibt es frische Media Lunas, hurra!
Der Wind hält sich heute mal etwas zurück.
Martin macht sich gleich vormittags an die Arbeit.
Fertig!
Wir packen zusammen und fahren in die Stadt.
Zuerst Pesos besorgen. Im Cambiobüro heißt es: „No, disculpen.“ Er schickt uns ins Restaurant nebenan. Etwas skeptisch fragen wir an der Theke: „Cambiar Dollares?“ Und werden eine Treppe höher zum Büro geschickt. Eine kleine Tür zu einer winzigen Dachkammer, dort sitzt die Chefin. Vor sich eine Rechenmaschine und ein handgeschriebener Zettel, auf dem der Dollarkurs steht. Fühlt sich seltsam an, ein illegaler Geldhandel, von dem jeder weiß. Der Kurs ist sehr gut.
Ausreichend mit Bargeld versorgt geht es weiter zum Anonima.
Wir leisten uns eine Tüte Erdnüsse für 7,-€. Ein kleines Stück gouda-ähnlichen Käse für 8,-€. Für 5,50€ bekämen wir vier Rollen Klopapier, das lassen wir. Brauchen wir zum Glück noch nicht dringend. El Calafate ist noch ein bißchen teurer als andere Städtchen.
An die schier endlose Kassenschlange haben wir uns inzwischen gewöhnt
Der Ausgang ist gut bewacht
Die immer fleißigen Luftgeister frisieren uns neu und sehr stylisch
Wir starten zum Perito Moreno Gletscher.
Licht, Wolken und Landschaft sind heute wieder sehr dramatisch, der See schillert in den schönsten Wasserfarben
Einmal TRÖÖT! für Gauchito
Ein kleiner Felsabbruch am Rand, ganz schöne dicke Brocken sind da runtergekommen
Die Sicht auf die Berge atemberaubend schön
Gleißendes Präriegold und düsteres Himmelgrau, fantastisch!
Eine schöne Fahrt!
Etwa vier Kilometer vor dem Parkeingang biegen wir ab in die Pampa. Weitere 30 Kilometer brächten uns zum Camping La Roca, sicher traumhaft gelegen, aber zu weit für heute, ein Platz am Feldwegrand tut´s auch.
Morgen müssen wir sehr früh los, damit wir vor den Reisebussen am Parkeingang stehen.
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Halb 6 Uhr morgens stehen wir auf. Der Wind verpasst der Rappelkiste immer wieder einen Rempler. Stullen, Salat und genügend Wasser werden in den Rucksäcken verstaut – wanderfertig!
Nach kurzer Fahrt stehen wir vor dem Parkeingang. Noch keiner da.
Pünktlich kommen die Ranger, ein paar Kleinbusse bringen die ersten Gruppen, wir warten vor dem Ticketschalter.
45,-€ Eintritt pro Person für Ausländer, das ist ein stolzer Preis. Unsere Frage nach Rentnerpreisen wird belächelt: „Solo para locales.“
Bis zum Gletscherparkplatz sind es nochmal 30 Kilometer wunderschöne Schlängelfahrt entlang des Brazo Rico.
Oh!
Der erste Blick auf die Eismassen des Perito Moreno Gletschers
Gewaltig!
Auf dem oberen Parkplatz erwarten uns Ranger -„No Casas Rodantes.“ Wohnmobile müssen auf den unteren Parkplatz.
Okay, also zurück.
Hier ist jede Menge Platz
Wanderschuhe geschnürt, entlang des Canal de los Témpanos – des Eisbergkanals – führt ein Weg hinauf zu den Aussichtsterrassen
Ein wunderschöner Weg, wir sind richtig froh, daß wir oben nicht parken durften. Da hätten wir diese schöne Wanderung verpasst. Direkt am Seeufer entlang können wir die Eisberge im Wasser bewundern.
Nur um die nächste Ecke und wir bleiben staunend stehen
Das ist gigantisch.
Alleine dieser Anblick wäre schon großartig genug, aber es geht noch weiter
Wir steigen Treppen und noch mehr Treppen
Halten immer wieder inne und staunen
Der Blick vom ersten Balkon, traumhaft
Tiefes Eisblau in den Spalten
Ein Gebirge aus Zacken und Rissen, 250 Quadratkilometer Eis
Noch etwas höher hinauf
Das Eis arbeitet sich voran, es knackt und knallt. Irgendwo in den Bergen donnern Lawinen ins Tal
Die Sonne lässt die Farben aufleuchten
Wir erklimmen die Terrassen und lassen den Blick über das Eisfeld schweifen
Egal, von welcher Terrasse, aus welcher Höhe, aus welchem Blickwinkel. Einfach nur gigantisch.
Zwei Farben im Wasser, dort, wo sich das wärmere Wasser des Brazo Rico und das Eiswasser des Canal de los Témpanos mischen
Die Eiswände sind zwischen 40 und 70 Meter hoch, das Ausflugsboot davor ist winzig klein
Gegen Mittag wird es wärmer, die Sonne taut das Eis an, immer mehr kleinere Stücke brechen ab und stürzen ins Wasser. Obwohl die „kleineren“ Stücke auch schon ziemlich große Brocken sind.
Wie Seide schimmern die angetauten Eiswände und reflektieren das Licht
Was für ein großes Glück, das wir dieses Wunder erleben können
Etwa 700 Meter dick ist das Eis im Zentrum, ca 8 Kilometer von uns entfernt
Entgegen allen Geschichten taut auch der Perito Moreno Gletscher ab. Die Zeiten, in denen er noch wuchs, sind lange vorbei.
Gegen halb 11 Uhr füllen sich langsam Stege und Balkone
Zeit fürs Frühstück
Vor unseren Füßen landet eine Kordillerenammertangare und hofft auf Krümel
Es klart immer mehr auf und wir haben einen weiten Blick über das Gletscherfeld.
Ständig dieses Knistern, Knacken und Bersten. Ein Donnern, wie Gewitter, das Eis lebt.
Und ist gleichzeitig still, wie mitten in der Bewegung eingefroren
Etwa 18 – bis 20.000 Jahre alt schätzt man das Eis des Perito Morenos.
Wir steigen hinauf zum obersten Aussichtspunkt, von hier aus sieht man wunderschön die Wellenbewegung des Eises
Und da passiert es:
das, worauf alle Besucher des Moreno Gletschers warten…
Mit gewaltigem Donner brechen riesige Eiszacken ab und stürzen in den See
Was für ein Erlebnis!
Von der Hauptterrasse schauen wir auf die Abbruchkante
und natürlich wünschte ich, wir hätten den Abbruch von hier aus gesehen. Aber auch so war es unglaublich spektakulär.
Tonnen von uraltem Eis sind ins Wasser gestürzt. Wenn man sich das überlegt: nach Jahrtausenden der Wanderung.
Zentimeter für Zentimeter, Tag für Tag vorwärts gerutscht, zwanzigtausend Jahre lang.
Jetzt ist die Reise zuende.
Da schwimmen die Bruchstücke jahrtausendealter Geschichte. Diese Gedanken nehmen einen mit, es ist herzergreifend und aufwühlend.
Inzwischen bricht der Nachmittag an, die Terrassen sind voller Besucher
Fünf Stunden lang haben wir völlig fasziniert auf das Eis geschaut, jetzt wird es Zeit zu gehen.
Wir machen uns auf den Rückweg
Und sagen „Adios“
Vorbei an schimmernden Eisskulpturen
Der Parkplatz platzt aus allen Nähten.
Wir kommen aber gut raus. Leider darf man nicht mehr im Park übernachten, das ist vorbei. Manche probieren es trotzdem, aber das ist nichts für uns.
Ein letzter Blick aus dem Steyrfenster, entlang des Brazo Rico, der ziemlich wenig Wasser führt – schon sind wir am Parkausgang.
Haben sich die 90,-€ Eintritt gelohnt?
Jeder einzelne Cent!
Nach den vielen grandiosen Gletschern der Antarktis haben wir nicht erwartet, noch einmal so sehr von einem Gletscher beeindruckt zu werden. Aber der Perito Moreno Glaciar ist etwas ganz Besonderes.
Die Erde hält unendlich viele Überraschungen und großartige Wunder bereit.
Wir sind so glücklich, daß wir etwas davon sehen und erleben können.
15 Uhr. Was machen wir? Fahren wir zum Feldweg von gestern und machen Feierabend?
„Wie weit ist es von hier nach El Chaltén zum Mount Fitz Roy?“ fragt Martin.
260 Kilometer. Viel zu weit für heute.
„Lass uns noch ein paar Kilometer fahren“ sagt Martin. „Dann haben wir es morgen nicht so weit.“
„Ja, lass uns noch ein paar Kilometer fahren“ sage ich und wir wissen beide schon jetzt, daß wir bis El Chaltén durchziehen werden…..
Liebe Grüße, bis später!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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