260 Kilometer liegen vor uns, vom Perito Moreno Gletscher bis nach El Chaltén. Der Ort liegt abgeschnitten von der Welt am Ende einer Sackgasse. Ohne das Fitz Roy Gebirge wüßten nur wenige, das es dieses Städtchen gibt.
Zuerst müssen wir die Ersatzreifenabdeckung zurechtruckeln, sie hat sich erneut nach oben geschoben.
Klar, daß der Wind da wieder mitmachen möchte und seinen Schabernack treibt
Die Äste biegen sich waagerecht, tapfere Radwanderer stemmen sich gegen die Böen.
Ausgewaschene Felsen, so ein bißchen wie die Nasenmänner auf Rapa Nui, oder? Naja…
Wir nähern uns El Calafate
Die Stadt ist bunt, windstill und voller Leute in der Sonne.
Alles für eine Woche eingebunkert, wir düsen über die R40. Gleich hinter El Calafate stoppt uns die Polizei und Martin muss einen Alkotest machen. Hatten wir zuletzt in Georgien.
Rio Santa Cruz, wo haben wir den schon mal überquert?
In Piedra Buena, auf der anderen Seite, ganz im Osten!
Argentinien – Pinguinküken im Monte Leon Nationalpark 03.12.2024 – 04.12.2024
Etwa 200 Kilometer vor Chaltén sehen wir am Horizont einen gewaltigen Felsen aufragen. Ist das schon der Fitz Roy?
Wir folgen dem Lauf des Rio La Leona, vorbei an gestreiften Bergen und zackigen Felswänden
Ein Himmel wie eine gemalte Filmkulisse. Seltsam verwischte Wolken geben der eintönigen Landschaft etwas geheimnisvolles, dramatisches.
Nach etwas über einer Stunde Fahrt sehen wir es in ganzer Pracht:
das Bergpanorama um den Monte Fitz Roy
Bei der nächsten Möglichkeit halten wir, denn das wollen wir uns in Ruhe ansehen.
Ein großer Fuchs schnürt herum auf der Suche nach Essen.
Noch 90 Kilometer hinein in die Sackgasse zum Monte Fitz Roy. Ein paar Radler schlagen ihr Quartier im Bushäuschen auf.
Schon weit im Voraus haben wir einen bombastischen Panoramablick auf das Bergmassiv
Zu Füßen des Fitz Roy liegt El Chaltén, erst 1985 gegründet. Der Grenzstreit mit Chile um die Laguna Desierto veranlasste die Regierung mit satten Prämien Siedler anzulocken.
Hinter dem Busbahnhof befindet sich ein offizieller Womostellplatz. Keine Schönheit, aber praktisch und mit netten Nachbarn.
Windstill und sommerlich warm, das hatten wir seit Monaten nicht mehr. Endlich warm, lang ersehnt.
Sommer in El Chaltén.
Salute!
*****************************************************
Ein Sonnenaufgang in wunderschönen Farben.
Spektakulär – der Blick nach links:
ein riesiger Wolkengeist sagt uns „Guten Morgen!“
Die Berge sind in rosa getaucht, die Sicht ist etwas eingeschränkt
Vormittags machen wir einen kleinen Rundgang
Hübsch, klein und verschlafen
Wieder zurück entdecken wir, das sich das Scharnier der zweiten Stauklappe aufgelöst hat, der Inhalt quillt raus.
Martin macht sich an die Reparatur.
Fast fertig, aber wo sind die passenden Schrauben? Im Paralleluniversum verschwunden, Mist.
20°C und kein Wind. Ein richtiger Sommertag. Wie sehr wir uns darüber freuen!!
Unsere Freunde schicken uns Fotos von daheim, so sieht es gerade in Berlin aus
Auch schön, von Ferne betrachtet…..
Kuhflecken am Himmel, solche Wolken haben wir noch nie gesehen.
Ein Spaziergang nachmittags. Die meisten Geschäfte, Hostels, Restaurants und Cafés liegen an der Strasse zum Wanderparkplatz. Alles sehr übersichtlich und hübsch, finden wir.
Auf dem Wanderparkplatz am Sendero Fitz Roy ist das Übernachten verboten. Tagsüber abstellen ist kein Problem, versichert uns der Ranger. Aber nicht nachts.
Bedeutet, daß wir den Steyr tagsüber hierherfahren müssten oder die 2×2 Kilometer hin und zurück zum Wanderweg dazurechnen müssen.
Eine Agentur bietet diese Unterkünfte an. Ob wir in diesen Eiern ruhig schlafen könnten?
Nein. Sicher nicht.
Im Garten eines Cafés spielen zwei fantastische Musiker Tango, voller Leidenschaft.
El Chaltén gefällt uns, eine sehr entspannte Atmosphäre, viele gut gelaunte Menschen, Musik und Gartencafés.
Die Preise für Essen, Getränke, eigentlich für alles, sind extrem hoch.
Aber es gibt eine Lösung:
Happy Hour!
Halber Preis ab 18 Uhr! Endlich sitzen wir mal wieder vor einem Café in der Sonne und genießen zwei große Coppas Malbec. Das haben wir vermisst.
So richtig schön!
Den Abend verbringen wir auf der Steyr-Treppe.
Kaum ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden, wird es kalt.
Morgen gehen wir wandern, freuen uns drauf.
***********************************************************
Um 3 Uhr morgens wird der Backofen angeheizt. Wir brauchen Vesperbrote. Mit der Pappe von der Panaderia….no gracias! Wir backen frisch.
Kurz vor 8 Uhr ist alles wanderfertig.
Über den Bergen steht ein perfekter Vollmond
Munter wandern wir die zwei Kilometer zum Parkplatz. Dort beginnt der Sendero Fitz Roy hinauf zur Laguna Capri mit Traumblick auf die Berge. Insgesamt 10 Kilometer hin und zurück. Herrliches Wetter! Noch etwas frisch, aber das wird noch.
Vor dem Tickethäusl stehen schon ein paar Leute.
Was kostet es denn?
WHAT?!
Für diese eine Wanderung sollen wir 45,-€ bezahlen. Eigentlich 90,-€ , aber wir können innerhalb von 72 Stunden noch unser Moreno-Gletscherticket geltend machen für einen Rabatt.
Das wären dann 135,-€ für 1x Gletscher und 1xwandern. Irgendwie fühlen wir uns über den Tisch gezogen.
Fühlt sich mies an.
Wir verzichten.
Es gibt Möglichkeiten, diesen Eintrittspreis zu umgehen. Aber heute ist es dafür zu spät.
Dann essen wir unsere Vesperbrote eben zum Frühstück zuhause. So!
Neuer Plan:
Wir packen die Rappelkiste und fahren Richtung Norden aus dem Nationalpark hinaus zur Laguna del Desierto – der Wüstenlagune
Los geht´s auf die Schotterpiste, wunderschön entlang des Rio de Las Vueltas
Schon nach ein paar Kilometern stellen wir den Steyr ab und laufen 600 Meter durch den Sommerwald zum Chorillo del Salto – dem Wasserfallbach.
Ein idyllisches Plätzchen, wenn auch nicht ganz menschenleer.
Ein Weile sitzen wir auf den sonnenwarmen Steinen, schauen dem Bach beim Absturz zu, das Wasser ist eiskalt.
Martin checkt die Lage:
von hier könnten wir zum Bachlauf aufsteigen, auf einen Bergkamm und hätten wahrscheinlich einen schönen Blick auf Laguna Capri und die Gipfel.
Wir merken uns das für später.
Rückweg. Ein echter Hinkelstein, vielleicht etwas klein für Obelix.
Nach kurzer Fahrt stehen wir mit Rappelkiste vor einer Brücke, die nur 6 Tonnen verkraftet. Ups!
Daneben gibt es eine Furt. Los Rappel, rein in die Pfütze!
Immer entlang des Rio de Las Vueltas, wir verlassen den Nationalpark.
Der Rio ist wunderschön, der Monte Fitz Roy lugt über Berge, der Blick auf die Gletscher ist spektakulär.
Nur um eine Kurve und er liegt in ganzer Schönheit vor uns:
El Monte Fitz Roy. 3406 Meter hoch
Anhalten.
Hinschauen.
Staunen.
Sagenhaft!
Kein Bild vermittelt das Gefühl, vor so einem gewaltigen Bergmassiv zu stehen.
Sollen wir gleich hierbleiben?
Das Sonnenaufgangslicht auf den Felsen muss umwerfend sein. Zelten ist verboten. Aber wir zelten ja nicht. Und befinden uns außerhalb des NP. Hm….merken wir uns für später.
Ein paar Kilometer weiter liegt ein großer Wanderparkplatz voller Pkws. Von hier aus führt auch ein Weg zum Lago de los Tres, ohne Eintrittspreis. 10 Kilometer einfacher Weg. Es gibt oben einen Campingplatz. Das wär bestimmt toll. Hochwandern und dort übernachten….aber ohne Zelt? Etwas zuviel Outdoor für uns. Also, wir brauchen ein Zelt für das nächste Mal.
Wir stehen vor einer Brücke. 6 Tonnen Beschränkung, keine Furt. Was tun?
Martin stoppt einen Ranger. „Podemos pasar este puente?“ Der Ranger schaut auf Rappel. „No problem. Pero despacio.“ Okay, langsam.
Nun denn: er wird´s schon wissen….
Es knirscht und rumpelt, die Brücke ächzt und stöhnt, das Geräusch ist furchtbar! Aber hält. No problem!
Herrlich, die Fahrt am Fluss und durch die Wälder. Vergeblich suchen wir den Zugang zum Wanderweg zur Laguna Azul.
Wir rumpeln weiter, über kleine Brücken, der breite Rio zweigt ab, wir folgen dem wild sprudelnden Rio Toro. In den Bergen leben viele Kondore, wir sehen leider keinen einzigen.
Hinter einem Ausflugsrestaurant endet der Weg. Rappel stellen wir am Rand ab und wandern los zur Laguna Desierto. Vor der Fähre eine kleine Schlange, uns ist mehr nach wandern als nach Boot fahren.
In den Wald hinein
Moose und Flechten an jedem Baumstamm
Vorsicht! Stolperfallen auf dem Boden
Unberührte Natur, eine Welt für sich, voller Geheimnisse.
Eine Raupe, bewaffnet mit vielen Stacheln, wie ein kleiner Kaktus. Was sich die Natur alles einfallen lässt, unglaublich
Der Pfad führt auf den Strand und endet nach einer halben Stunde hier am Ufer des Lago Desierto.
Joah…das ging jetzt schnell, diese Wanderung haben wir uns etwas ausgedehnter vorgestellt.
Lange stritten Argentinien und Chile hier um ihre Landesgrenzen. Seit 1998 ist dieser Streit beigelegt, der Grenzverlauf ungefähr festgelegt.
Nun denn. Rückweg.
Ein toller Blick auf die Eismassen des Glaciar Huemul.
Da sind wir schon wieder beim Steyr.
Am Wegrand wollen wir nicht übernachten. Wir starten und machen uns auf die Rückfahrt.
Die Kuhfleckenwolken werden zu Linsenufos
Immer noch keine Kondore am Himmel zu sehen. Dafür blinzelt der Fitz Roy über die Bäume.
Sümpfe und Tümpel, glasklares Wasser voller Pflanzen
Das erste Brücklein.
Brücke Nr 2, wirkt etwas brüchig und schmal, passt aber wie für Rappel gemacht
Eine dunkle Wolkennatter züngelt über den Himmel.
Brücke Nr 3. Stabil.
Jetzt finden wir den Zugang zur Laguna Azul. Auf Privatgelände, Eintritt nur mit Reservierung.
Nr 4
Jetzt sieht man die Farben der Kondorberge schön
Der Rückgang des Gletschereises, deutlich zu sehen
Da sind wir wieder an der knirschenden 6 Tonnenbrücke. Der Parkplatz ist voll. Kein Übernachtungsplatz für uns.
Okay, das wird nix, wir fahren zurück nach Chaltén.
Invasion aus dem Weltall – Ufos am Himmel
Furt oder Brücke?
Furt.
Chorillo del Salto von oben
El Chaltén
Müde Wanderer schlurfen durch das Städtchen
Der Womoplatz ist voll, es gibt ein letztes freies Fleckchen am Rand, reicht uns.
Feierabend. Ein schöner Tag. Allein die Fahrt lohnt sich schon und der phänomenale Blick auf den Fitz Roy krönt alles.
Es gibt noch viele Möglichkeiten, hier Wege ohne den horrenden Eintritt zu finden.
Aber irgendwie ist die Luft raus. Wir merken beide, daß wir etwas wandermüde sind.
Jetzt erstmal den Sommerabend genießen, dann sehen wir weiter.
Liebe Grüße, bis morgen!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
Schreibe einen Kommentar