Einspurig und leicht rüttelig beginnt die Pistenfahrt ins Landesinnere, durch die Provinz Chubut
Martin lässt etwas Luft aus den Reifen, das mindert die Rüttelei. Der Wind föhnt ihm fröhlich die Frisur hin und her
Auf unserer Strecke liegen laut Karte mehrere große Seen. Vielleicht können wir schwimmen gehen, hoffen wir.
Doch die jahrelange Dürre zeigt sich auch hier in vollem Ausmass: vom ersten größeren See ist nur noch ein salziger Tümpel übrig.
Erschreckend.
Guanakos pesen über die Piste, eine große Gruppe Tinamous flattert auf, rötliche Häschen sausen von links nach rechts. Plötzlich ist die Piste sehr breit und in einem super Zustand, kaum Rippen, mit 60km/h sausen wir dahin.
Wenig später entdecken wir den Grund für den Topzustand: überall stehen Ölpumpen und riesige Lagertanks in der Landschaft. Mining Gesellschaften halten die Strecke für ihre Öllaster in Schuß.
Da kommt der zweite große See in Sicht.
Beziehungsweise, das, was von ihm übrig blieb…..
Laut Karte war das mal ein wirklich großer See…..krass.
90 Minuten Fahrt liegen hinter uns, sehr viel flache Landschaft, wenig Abwechslung, Chubut wie wir es kennen.
Einzig die Tiere sorgen für etwas Unterhaltung. Nandus rennen über die Steppe, große Greifvögel, Ibisse und kleine Flattermänner schweben über die Rappelkiste. Gürteltiere trippeln schnell noch quer über die Piste.
Nach einer weiteren Stunde ändert sich das Bild
Es wird bergiger, erste Felszüge ragen auf.
Am Horizont schimmert vor den Gipfeln ein weiterer See, er scheint Wasser zu haben. Das sieht schön aus, dort werden wir nach einem Feierabendplatz suchen.
Die Felsen eskortieren uns talwärts
Wenig später entdecken wir, das wir einer Sinnestäuschung aufgesessen sind:
vor den Bergen schimmert nicht das Wasser des Sees, sondern gewaltige Staubwolken fegen über die ausgetrocknete Fläche.
Kein Wasser, nur noch Staub.
Hier werden wir kein schönes Plätzchen finden. Ziemlich erschüttert über die Dürre fahren wir weiter, mal wieder länger als geplant.
Heißer Sturmwind begleitet uns, nicht mehr weit bis zum Bosque Petrificado Sarmiento. Den wollen wir uns ansehen, wir erinnern uns gut an den versteinerten Wald von Jaramillo, der uns so begeistert hat.
Argentinien – Im Nationalpark Bosque Petrificado Jaramillo 28.11.2024
Eine Fahrt durch grün, rot und crémeschimmernde Felslandschaften.
Der Parkplatz vor der Rangerstation ist leer. Keine Besucher zu sehen.
Kein Wunder. Inzwischen ist alles in heißen Staub gehüllt. Sturm rüttelt an der Rappelkiste. Wandern macht überhaupt keinen Sin. Wir brechen das ab. Auch wenn`s schwerfällt.
Stattdessen fahren wir noch 30 Kilometer weiter nach Sarmiento, in der Hoffnung auf einen Übernachtungsplatz. Vielleicht legt sich bis morgen der Wind und die Staubwolken verdünnisieren sich.
Vor der Stadt wird die Landschaft grüner, kleine Flüsse schlängeln sich durch das Gras, ein schmales Brücklein trägt uns hinüber
Wir müssen etwas herumkreuzen, bis wir in Sarmiento schließlich unseren Platz an einem Fußballfeld finden. Kaum stehen wir im Windschutz einiger Bäume, füllt sich der Parkplatz und wir kommen in den Genuss von zwei spannenden Fußballspielen.
Keine Tornetze, kein Schiedsrichter, alle spielen fair und ehrlich, niemand geht zu Boden. Einmal stürzt der leicht übergewichtige Torwart, sofort eilt die medizinische Abteilung mit Eisspray herbei – endlich was zu tun!
Ein kleiner Junge posiert für ein Foto vor unseren Reifen, völlig begeistert, weil er noch nicht mal so groß wie die Reifen ist.
Martin interessiert sich für den silbernen alten Ford neben uns
Aber die beste Karre ist diese hier:
Im Kriechtempo tuckert sie heran. Die Kurve kann sie kaum noch schaffen, der Fahrer muss sehr weit ausholen. Die Türen sind mit Stricken und Haken verriegelt, Auspuff natürlich Fehlanzeige. Ein sattes Röhren über dem Platz. Zum abschalten muss erst die Motorhaube geöffnet werden, im Motorraum wird eine Weile gefummelt, dann klappt´s. Das ist die schrottigste Schrottkarre, die wir bisher gesehen haben. Aber fährt!
Bestes Unterhaltungsprogramm für uns heute Abend.
Das Fußballspiel ist zuende, der Platz verwaist. Rappelkiste und die Bäume werfen lange Schatten.
Wir kochen uns was Feines, zum Nachtisch gibt es Kosakenzipfel, was will man mehr?
Gute Nacht, bis morgen!
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Der Dauerwind macht eine Pause. Wir nutzen das aus bis mittags, einfach mal ohne Staubwolken in der Sonne sitzen und lesen….
Ein schneller Einkauf im Anonima, dann machen wir uns wieder auf die Piste. Den versteinerten Wald von Sarmiento schauen wir uns ein andermal an.
Die Strecke verläuft zwischen zwei sehr großen Gewässern
Hohe Staubwolken verheißen nichts Gutes. Beide Seen sind völlig ausgetrocknet, die Folge von drei Jahren Dürre.
Es muss herrlich gewesen sein mit den vielen Seen, bestimmt mit vielen Wasservögeln. Alle weg, für die Tiere ist es schwierig geworden Wasser zu finden.
Dunkle Berge flankieren die Piste
Plötzlich ein türkisblauer Hoffnungsschimmer, Wasser! Etwas ist noch da!
Um uns herum wieder goldene Prärie. Bei uns im Fahrerhaus läuft Countrymusik, passend zur Landschaft.
Dean Martin mit uns im Duett: 🎶“my rifle, my pony and me“🎶
Statt dunkler Düsterfelsen jetzt hellrosa gestreifte Berge, die Landschaft wechselt ständig, eine sehr schöne Fahrt
Wir queren ein ausgetrocknetes Flussbett
Laguna Seca, der Name sagt alles…..
Kupfergrüne Berge
Seltsam, dieser grüne Schimmer, wirkt so richtig giftig
Ein weiter Blick über die ausgetrocknete Lagune
Über einem Zaun hängt, grauslig zurechtgemacht, ein mumifizierter Puma ohne Kopf und Pfoten.
Welcher Kult oder Aberglaube wird denn hier ausgelebt?
Kegelberge, erloschene Vulkane, es gibt viel zu sehen
Die Piste ist angenehm, wir segeln dahin und genießen diese wunderschöne Fahrt
Langsam sollten wir Feierabend machen. Wo könnten wir heute übernachten?
Eine Piste führt zu einem Trockensee, wir biegen ab und finden schnell unseren Platz.
Es ist so schön warm, aber extrem windig. Die kleinen Sträucher können uns keinen Windschutz bieten. Sie sind ja selber flachgelegt
Es weht so kräftig, daß man sich dagegenlehnen kann.
Vor der Rappelkiste geht es einigermassen. Ein superschöner Fahrtag auf der Chubut Piste. Chubut zeigt so langsam seine geheimen Schätze, alles andere als langweilig!
Mit einem kühlen Torrontés im Becher plaudern wir uns in den Abend. Mitten im Nirgendwo.
Ganz wunderbar.
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Die ganze Nacht tosen Sturmböen um die Rappelkiste und knuffen sie in die Seite. Wir schlafen schlecht bei dem Gewackel und Geheule. Einzig entschädigt durch einen grandiosen Sternenhimmel.
Beide froh, als die Sonne aufgeht, früh brechen wir auf zur nächsten Etappe.
Wir sehen Schafherden und die dazugehörigen Farmen.
Ein Pichi, schnell trippelt es zum Pistenrand
Gänse umringen ein kleines Wasserloch
Wieder Mumien, scheußlich zur Schau gestellt
Ab hier wird die Piste ruppig und rippig, die Ölfelder liegen hinter uns, unsere Fahrt wird langsamer
Herrliche, abwechslungsreiche Landschaft
Ein Zaun aus Königskerzen, lustig, daß sie so in Reihen wachsen
Erst bunte Berge, dann wird es grün. Bäume. Irgendwo hier fließt der Rio Chubut.
Da ist er, ein blauglitzerndes Band, Erfrischung und Leben verheißend
Aber klar: wo Wasser ist, ist Farmland => sind Zäune.
Wir entdecken die schönsten Uferplätze – und kommen nicht dran…..weitersuchen, das wird schon….
Achtung! Gegenverkehr!
Cerro Condor, die erste kleine Siedlung auf unserer Route
Hier Teenager zu sein ist vermutlich nicht ganz einfach…..
Wie kommen wir an dieses wunderschöne Flussufer? Inzwischen ist uns eingefallen, daß wir den Rio Chubut schon mal gesehen haben: in Gaiman
Argentinien – „Disfruta la vida!“ Teatime in Gaiman 10.11.2024
„Wir verbrauchen gerade ganz schön viel Sprit…“ wundert sich Martin. „Schon fast ein Drittel weg, das kann doch garnicht sein…“ Seltsam…
Wo könnte unser schönes Flußplätzchen sein?
Endlich führen Reifenspuren ab von der Piste zum Rio Chubut. Wir stellen Rappel ab und gehen den Spuren nach.
Superschön hier! Wir können noch ein ganzes Stück am Ufer entlang fahren und vielleicht sogar baden gehen.
Eben noch so glücklich, macht Martin jetzt eine unschöne Entdeckung.
Was ist das für eine Kleckerei? Kurzer Check: Rappelkiste ist mit Diesel vollgekleckst….
Kein Wunder, daß unser Tank so schnell leer wurde. Die Dauerrüttelei der letzten Monate hat die Dieselleitung durchgescheuert.
Da stehen wir nun in der Pampa im geliebten Nirgendwo.
Improvisieren, das ist eines der gefragtesten Talente, die man auf diesen Reisen brauchen kann.
Was haben wir denn so auf Lager…..
Kurzer Start…..der Verband hält dem Druck nicht stand, Diesel spritzt raus. Mist.
Der Sturmwind bläst uns Staub ins Gesicht, in die Augen, Haare, Ohren. Wir machen morgen weiter. Für heute ist es genug.
Liebe Grüße, bis dann!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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