Die Nacht neben dem Piedra Parada war sternenklar und still. Morgens machen wir uns auf den Weg, nur 1½ Kilometer sind es bis zur Ranger Station.
Oh, ein Scheinwerferlämpchen ist kaputt. Immer ist irgendwas….
Heute Vormittag wollen wir den Cañadon de la Buitrera durchwandern, die Geierschlucht.
Kein Ranger weit und breit und auch sonst niemand zu sehen, wir tragen uns ins Wandererbuch ein.
Die Geierschlucht ist spektakulär vom ersten Meter an
Hohe Felswände umschließen den Weg. Weiße Kleckereien zeigen uns die vielen Vogelnester in den Felsnischen. Sind das Geiernester?
Wir wandern tiefer hinein. Die Felswand zur Rechten lehnt sich schon etwas nach vorne, als würde sie irgendwann umfallen wollen.
Ein Pfad führt hinauf zu einer Höhle unter einem Felsüberhang
Über 5000 Jahre lang war diese Höhle bewohnt von Mapuche und Telhueche
Das Gestein über unseren Köpfen wirkt brüchig und porös, nicht sehr vertrauenerweckend.
Von hier oben hat man einen fantastischen Blick in die Schlucht.
Wieder unten wandern wir am Bach entlang. Hohe Wände mit tiefen Höhlenspalten, wir trauen uns da nicht rein…
Auf einer Felsnadel sitzt sehr fotogen ein Vogel und beobachtet uns
Staunend bleiben wir stehen vor der Aguja de la Virgen, der Jungfraunadel. Wir sind so winzig daneben.
200 Meter ragt die Jungfrau empor
In den Felswänden entdecken wir Kletterer, eisern kämpfen sie sich die Felswände hinauf. Klein wie Ameisen.
Über uns ziehen Geier ihre Kreise und beobachten die Kletterer….
Wir queren den kleinen Bach, ein grün-lila Band, denn er ist völlig zugewachsen mit Wasserpflanzen, die wunderschöne lila Blüten haben
Dramatisch, das dies der klägliche Rest der gewaltigen Wassermassen ist, die diese Schlucht in die Felsen geschliffen haben
Erklimmen einen Felsendamm
und wandern unter einem Felsüberhang durch, unter dem eine Menge abgebrochene Steinbrocken liegen….gruselig….
wieder über den Bach zurück ans andere Ufer
Ein Riesenlolli oder nein – eine Mumienhand – winkt uns zu.
Die Sonne blinzelt über die Gipfel und holt noch mehr Zacken und Spitzen aus dem Schatten
Vögel schwärmen aus, ihre trillernden Rufe hallen von den Felswänden. Bienen schauen kurz von der Arbeit auf, als wir vorbeilaufen
Es geht durch einen breiten Kessel, wir stellen uns vor, mit welcher Kraft hier jahrmillionenlang Wasser durch die Kurve gerauscht ist und die Felsen glatt geschliffen hat.
Gewaltig
Mehrfach balancieren wir über den Bach, mal ans eine mal ans andere Ufer.
Oft bleiben wir stehen und staunen. „Guck mal hier!“ und „Guck mal, da oben!“
Auch auf diesem Wanderweg ist für perfekte Infrastruktur gesorgt. Ein Klohäuschen steht bereit, es ist nicht nötig, in die Höhle zu ka…
Nach 2 Stunden wandern und staunen werden die Felswände niedriger, die Schlucht öffnet sich
Wir gehen ein Stück weiter, bis wir vor einem Zaun stehen. Ende.
Aber es gibt noch einen Weg weiter oben in einen Seitenarm. Also zurück.
Schon im Eingang zu dieser Seitenschlucht wird es deutlich kühler.
Die Felswände rücken uns auf die Pelle.
In die Wände sind Haken eingeschlagen und ein paar Kletterer machen sich bereit
Wir gehen tiefer hinein, die Wände rücken nochmal enger zusammen.
Schließlich stehen wir vor einer steil nach oben führenden Röhre.
Martin verzichtet, ich mache mich an den Aufstieg. Der Fels ist glatt, wie poliert, nicht einfach, raufzukommen.
Die Wände sind gesprenkelt mit dunklen Punkten
Oben angekommen versperren mir Felsbrocken den weiteren Weg. Könnte man drüberklettern, aber ohne Martin macht das sowieso keinen Spaß.
Also wieder runter.
Tja….rauf war ja schon schwierig auf den spiegelglatten Felsen, aber runter?
Geht nur auf dem Hintern rutschen. Und dabei möglichst geschmeidig und elegant aussehen….
Wir laufen zurück. Der Kletterer hat sich inzwischen gut nach oben geschuftet
Zacken und Spitzen sind nun in Sonnenlicht getaucht, aus dem Schatten herausgetreten und fangen unseren Blick.
Mittlerweile denken wir schon an unsere Jacken im Rucksack, so kühl ist es in den Schattengängen.
Ahh! Sonne!
Die schöne Echse freut sich genauso wie wir über die angenehme Wärme
Wir machen uns auf den Rückweg. Mehr und mehr Kletterer hängen an den Felsen
Eben noch so erfreut über die Wärme, finden wir es inzwischen richtig heiß zwischen den Felswänden.
Hunger haben wir auch. Ein Vesperplatz im Schatten wäre schön.
Aber der einzige Schattenplatz, den wir finden, ist Schauplatz eines tödlichen Unglücks.
Absturz oder natürlicher Tod? Jedenfalls kein angenehmer Picknickplatz…
Dann eben in der Sonne. Nicht allzuweit finden wir am Bach einen großen flachen Felsbrocken zum Sitzen, Pause!
Leise plätschert das Wasser, Insekten brummen vorbei, verfolgt von blau schillernden Libellen auf wilder Jagd.
Überall Blüten, gelbe, blaue, weiße. Disteln, die so groß sind wie wir.
Gut ausgeruht wandern wir weiter. Sehen noch mehr Kletterer und da ist der Lolli wieder.
Anderes Licht, alles sieht anders aus, mehr Zacken, mehr Spalten und Höhlen.
Kreuz und quer über den Bach
Dieser Käfer schillert wunderschön in Kupfer und Metallblau
Unübersehbar ragt am Ausgang der Schlucht der Piedra Parada aus dem Boden
Die Wanderung durch die Geierschlucht ist umwerfend schön.
Beim Ranger tragen wir uns aus der Liste aus.
Glücklich, aber ganz schön kaputt. Wir entern die Rappelkiste und fahren wieder zurück zu unserem Platz am Fluß.
Ein bißchen Pause. Knorpelige Pilze sprießen überall aus dem Boden
Später ein Match de Petanque. Spannend, es geht hin und her. Am Ende steht es 10:8 für mich, hurra!
Martin begutachtet unsere Reifen. Die haben ganz schön gelitten. Und es wird Zeit für einen Nachschnitt.
Wir sitzen noch lange draußen. Santa Julia Rotwein schimmert in den Bechern. Dazu angenehme 25°C und kaum Wind, traumhaft.
Der Abendhimmel flammt auf.
Heute Nacht soll man 7 Planeten hintereinander am Himmel stehen sehen. Aber von Osten ziehen Wolken auf, so werden wir das wohl verpassen.
Das Licht ist mal wieder der Hammer…..
Gute Nacht!
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Guten Morgen! Erstmal in Ruhe auf der Treppe sitzen und Kaffee trinken.
Wir fahren heute nur so weit, bis wir einen schönen Platz am Fluss gefunden haben. Das ist der Plan.
Adios Piedra Parada! Schön war´s!
Mittags starten wir Rappelkiste und rollen auf die Piste
Nicht mehr als 10 Kilometer, da finden wir schon eine Zufahrt zum Rio Chubut. Kein Zaun und viel Platz direkt am Ufer. Perfekt! Genau sowas haben wir uns gewünscht!
Stühle raus, sonnen, lesen, Krautsalat machen für abends
Dann wird die Wassertemperatur getestet. Klares Wasser, leichte Strömung, der Untergrund besteht aus festem Sand, sehr angenehm.
Ziemlich frisch, aber einfach zu verlockend. Schnell die Badesachen an und wir tauchen ins kühle Flusswasser
Herrlich! So erfrischend!
Martin schlägt eine neue Runde Petanque vor.
Ein enges Spiel, die Führung wechselt ständig. Matchball, meine Chance auf den Sieg.
Doch meine erste Kugel landet weit abgeschlagen, während Martin seine wenige Zentimeter vom Cochonnet platziert. Bravo!
Sieht schlecht aus für mich. Letzte Chance…..Konzentration!
uuunnndddd………
YES!
Ein paar Millimeter näher am Jack!
So sehen Sieger aus!!!
Den Rest des Tages sitzen wir draußen, hören Musik, plaudern, genießen den fantastischen argentinischen Rotwein.
Am Abendhimmel heute eine Komposition aus Grau- und Orangetönen mit feinen Wolkennebeln
Wir lassen den Februar Revue passieren. Ein kurzer Monat, vollgeladen mit Ereignissen und Höhepunkten.
Die Fahrt nach Chile zum Rio Serrano mit dem atemberaubenden Blick auf die Torres del Paine.
Die Wanderungen im Torres Nationalpark. Blaues Gletschereis, türkisfarbene Seen, steilste Wege, die es zu erklimmen galt – herausfordernd, anstrengend und dabei so schön
Ein Puma in freier Wildbahn
Die Spiegelungen der Cuernos del Paine, die weite Landschaft voller Wirrwarrkrautkissen
Die Torres in jedem Licht
Und die anstrengenste Wanderung bergauf ever auf dem T2
Zurück nach Argentinien zum imposanten Perito Moreno Gletscher
El Chaltén und der Mount Fitz Roy
Perito Moreno Nationalpark, wandern in Regenwetter und Sturmwind
Cuevas de las manos, unsagbar beeindruckend.
Schließlich die Fahrt entlang des Rio Chubut, die Dieselpanne, der Piedra Parada und die Wanderung durch die Geierschlucht
Dazu Sonnenauf- und Untergänge, die Geister erschaffen und alles verzaubern
Lange hängen wir den Erinnerungen nach, es sind fast zuviele Eindrücke für einen Monat.
Als es dunkel wird, gehen wir rein. Gut für heute.
Liebe Grüße, bis dann!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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