Am Autodromo vor San Luis Stadt.
Während der ganzen Nacht erzählen sich die Sittiche in den Bäumen ganz leise ihre Geschichten. Sittichflüstern, leises Gurgeln und Glucksen, ganz zauberhaft.
Die warme, schlaflose Nacht voller Mücken geht über in einen heißen Sommertag.
Ab auf die Strecke Richtung Villa Maria.
Flaches Agrarland, hunderte Hektar Soja- und Maisfelder, einfache Siedlungen
Kontrollposten, Mautstationen, Hitze……
Rio Cuarto, die zweitgrößte Stadt der Provinz Cordoba. 1794 gegründet, doch von Altstadt ist nichts zu sehen, nur moderne, häßliche Bauten. Wir überqueren den gleichnamigen Fluss.
Die prächtigen letzten Ruhestätten der Landbarone, unendliche Erdnussfelder, Agrarindustrie und große Hitze….In den Orten duftet es nach gerösteter Erdnuss.
Zwei Kilometer vor Villa Maria halten wir an einem kleinen Laden. Die Klimaanlage drinnen kühlt uns angenehm runter.
Der Ladenmann freut sich über unseren Besuch. Wir finden sehr gutes, günstiges Olivenöl und bekommen Erdnüsse zum probieren – die besten gerösteten Erdnüsse ever! –> gekauft!
Wir probieren Käse und Alfajores – landestypische Kekse, er reißt die Verpackung mit den Zähnen auf….die Kekse sind uns viel zu süß.
Diese kleinen Landläden sind genial und die Verkäufer immer so begeistert von ihrer Ware.
Eine Flasche Torrentés, ein Malbec, vier Liter Olivenöl, 1 Kilo Erdnüsse und zwei kalte Dosen Schneider Bier wandern in unsere Tüten.
Der nette Mann begleitet uns zur Tür, klopft uns noch auf die Schulter, alle sind glücklich und zufrieden.
353 Kilometer stehen mehr auf dem Tacho, davon sage und schreibe 300 Kilometer schnurgeradeaus. Ungelogen.
Wir sind müde vom Fahren und der Hitze und fackeln nicht lange. Gleich bei der YPF Tankstelle in Villa Maria parken wir für die Nacht.
Trinken unser Schneider Bier, die anderen LKW-Fahrer grüßen rüber.
Während wir kochen, schieben sich zwei LKWs bis auf einen halben Meter an unser Küchenfenster heran. Der eine Fahrer sinkt sofort schlafend aufs Lenkrad, der Motor läuft noch eine Weile weiter, er stellt ihn erst später ab, als er kurz aufwacht.
Als die Sonne weg ist, kühlt es angenehm runter.
Gute Nacht!
**************************************************************************
Guten Morgen! Umzingelt von LKWs wachen wir auf.
Heute soll der Fahrtag nicht so lang werden, 266 Kilometer sind es bis Rosario. Dort möchten wir über Nacht bleiben.
Da geht´s lang!
Alle Oberleitungen hängen voller Pflanzenbündel, warum?
Soja, Soja, Soja
Eine große Libelle reist ein Stückchen per Anhalter mit…..
Die R 9 wird zur Autobahn
Dann fahren wir durch die Vorstädte von Rosario.
Autowäscher werben um Kundschaft
Die ersten Prachtbauten von Rosario, alt und neu im Mix.
17 Kilometer rollt Rappelkiste durch grüne Alleen bis zum Rio Paraná
Hier finden wir am Ufer unseren Übernachtungsplatz, viel besser als erwartet.
Spaziergänger sprechen uns an: woher, wohin? Ein Pärchen gibt uns Tips für Rosario.
Policia hält neben uns, der Officer begrüßt uns: „Welcome to Rosario!“
Händler fahren mit Tröte und Fahrrad herum und verkaufen süße Kuchen und warme Brote. Immer mehr Leute kommen mit Picknick und Klappstühlen und sitzen in der Abendsonne. Zwei Jungs im Fußballtrikot fragen schüchtern, woher wir kommen. Um 20 Uhr haben wir immer noch mehr als 20°C.
Fühlt sich gut an in Rosario.
***********************************************************************
Guten Morgen!
Eigentlich sollte Rosario nur ein Übernachtungsstop sein. Aber uns gefällt die Idee, etwas hierzubleiben.
Wir beginnen den Tag sportlich mit joggen und Yoga.
Riesige Schiffe schieben sich auf dem Fluß vorbei
Nachmittags unternehmen wir einen Stadtrundgang.
Gleich an der Hauptstrasse die erste gepriesene Sehenswürdigkeit: ein großflächiges Mural von Lionel Messi, dem Fußballhelden. Er ist in Rosario geboren.
Daneben ragt der Turm des Monumento Historico Nacional a la Bandera in den Himmel. Es erinnert an Manuel Belgrano, den Schöpfer der argentinischen Flagge. Das Flaggen-Monumento ist von gigantischem Ausmass
Ein trautes Nebeneinander von alter und neuer Architektur
Murals an den Wänden, an einen kleinen Park schließt sich die Einkaufsstrasse an.
Es ist früher Nachmittag, die meisten Geschäfte halten noch Siesta.
Die Häuser teilweise restauriertes, wunderschönes Art Deco, Bauhaus oder Jugendstil.
Teilweise völlig runtergekommene 70er Jahre Häßlichbetonbauten.
So gibt es immer was Neues zu sehen.
Bald stehen wir vor dem „La Tienda Favorita“, dem schönsten Kaufhaus der Stadt.
1897 von zwei spanischen Immigranten gegründet, wurde es 1929 um drei Stockwerke erweitert, im Stil der damaligen großen Kaufhäuser Europas.
Hereinspaziert!
Welche Pracht!
Der Originalaufzug – leider ohne Liftboy – bringt uns hinauf unter die Glaskuppel
Während der Pandemie wurde das Haus umfassend renoviert und 2023 wieder eröffnet.
Der Harry Potter Shop bietet eine reiche Auswahl an Zauberstäben und Hogwart – Schulkeidung
Über die Treppe schreiten wir hinab, ein wunderschönes Haus. Wie trostlos sehen moderne Kaufhäuser dagegen aus.
Dieses Nebeneinander aus Pracht und Gammel finden wir spannend
Wir streifen durch die Stadt
zur nächsten gepriesenen Sehenswürdigkeit: ein Gebäude mit einer Quadriga, angeblich dem Brandenburger Tor in Berlin sehr ähnlich
Ähhh, das macht uns kurz sprachlos…. Brandenburger Tor? Na gut, mit etwas Fantasie….
Nun denn…….
Das alte Kino ist jetzt eine Parkgarage
33°C und hohe Luftfeuchtigkeit, Rosario ist die nationale Hauptstadt des Helado. Wir gönnen uns ein Eis.
Richtig gut!
Lionel Messi ist nicht der einzige berühmte Sohn der Stadt. Auch Che Guevara kam aus Rosario. Wir wandern zu seinem Geburtshaus.
Recht unspektakulär, in dem Gebäude befindet sich heute eine Versicherung.
Nicht allzu weit soll es noch ein ganz tolles Mural von Che Guevara geben.
Gemalt von einem bekannten Künstler.
Echt jetzt? Ist das ernst gemeint?
Genug der Sehenswürdigkeiten, wir gehen zurück zum Rio Paraná.
Der Fluss ist hier ca 500 Meter breit. Viele Angler versuchen ihr Glück, direkt neben dem Angeln-verboten-Schild
7½ Kilometer Stadtwanderung, reicht uns erstmal. Messi grüßt über die Bäume
Stühle raus, Pause…..
Der Flaggenturm beginnt zu leuchten, es ist immer noch 27°C warm.
Zeit für ein Flutlichtmatch
Schwarz macht das Spiel – Gratuliere!
Wir stellen den Tisch raus und essen draußen, so wie viele Rosarier, die zum Picknick an den Rio kommen.
Ein wenig die Strasse rauf sitzt eine argentinische Gruppe Wohnmobilisten zusammen, wir werden eingeladen, rüberzukommen. Alle sind so freundlich hier.
******************************************************************************
Warme, dampfige Luft, es tröpfelt immer wieder ein wenig.
Wir laufen durch die Fußgängerzone zur berühmten Panaderia Nuria.
Phänomenal gut! Mit einem köstlichen Baguette, 4 Media Lunas und einer Tüte Kekse ziehen wir weiter zum Mercado.
In einem kleinen Bioladen finden wir Roggenmehl! Überraschung! Wir kaufen gleich 2½ Kilo.
Der Mercado ist langweilig. Matetassen und anderes uninteressantes Zeug. Viel interessanter finden wir das Musikgeschäft
Zurück durch den Park, wir wandeln unter ausladenden Riesengummibäumen und stacheligen Florettseidenbäumen mit ihren wunderschönen Blüten
Es ist Samstag, die Rosarier angeln und picknicken. Kein guter Tag für Fische….
Im Lagerhaus nebenan findet eine Ausstellung der Kunstschule statt.
Richtig gute Sachen in der Abteilung Textile Kunst
Aber auch die Gemälde und Skulpturen gefallen uns.
Klasse Ausstellung!
Heute Abend findet die „Noche Peatonal“statt.
Bis dahin ist noch viel Zeit. In einem kleinen Supermarkt haben wir Original Warsteiner Pils gefunden, das wird jetzt verkostet. Wir verbringen einen sehr lustigen Nachmittag.
Rosario: TOP!
Niemals hätten wir gedacht, das es uns hier so gut gefallen würde. Eine echte Überraschung!
Noche Peatonal: im Dunkeln wirkt das Flaggenmonument nochmal ganz anders.
Die Spiegelung der Kathedrale in der dunklen Fensterfassade
Auf der Noche Peatonal ist viel los.
Auf der ersten Bühne stapfen ein paar betont coole Rap-Bubies herum. Die Statuen sehen auch so aus, als halten sie ein Mikro und rappen mit.
Maler zeigen ihre Werke und ihr Können.
Die Fußgängerzone ist voll. Cosplayer machen Fotos, Strassenkünstler zeigen ihre Darbietungen, vor einem DJ-Pult tanzt ein etwas seltsamer Robot-Dancer im gelben Overall herum.
Es gibt Beauty, Essen und Trinken, fliegende Händler mit selbstgebasteltem Schmuck und Sorpresas
Überall Musik, mehrere Bühnen, DJ´s, Fernet-Cola aus ½Liter Bechern scheint der Getränkefavorit zu sein.
Zu Martins großer Freude sehen wir auf dem Heimweg noch eine Oldtimerausstellung. Er fachsimpelt noch ein bißchen…..
Unser Streifzug über die „Fußgängernacht“ hat Spaß gemacht.
Es geht auf Mitternacht, der Park ist noch voller Leute.
Eine kühlende Brise vom Fluss macht die feuchtwarme Luft erträglich.
Wir bleiben noch draußen……
Nachts weckt uns ein schweres Gewitter. Regen prasselt aufs Dach, Donner und Blitzlichtgeflimmer im Sekundentakt
****************************************************************************
Etwas weiter flussaufwärts steht das Museo de Arte Contemporaneo, da radeln wir heute hin.
Die Restaurants in den alten Lagerhäusern am Rio sind sehr beliebt.
In diesem umgebauten Getreidesilo befindet sich das Museo
Och Mönsch……geschlossen wegen Renovierung….schade….
Von hier aus kann man schon mal einen Blick auf die gruselig hohe Brücke werfen, die wir demnächst überqueren werden.
Mir wird jetzt schon schlecht…..
Auf dem Rückweg machen wir Rosario- Fan – Fotos
Marktstände säumen den Weg, bei einem läuft sehr gute Musik, dort kaufe ich zwei Überraschungstüten für 1,-€
Durch ein Fenster schauen wir den waghalsigen BMX-Radkünstlern zu.
Chapeau! Mutig!
Wär nix für uns….
Abgestorbene Bäume werden nicht gefällt, sondern zu Kunst umgestaltet.
Gefühlt 1775 Stufen tragen wir die Räder die Treppe hinunter
Martin zeigt mir dieses entzückende Karussel, das er morgens beim Joggen entdeckt hat.
Auch im Park bei Rappelkiste sind Marktstände aufgebaut.
Wir machen es uns gemütlich mit den Keksen von Nuria. Köstlich!
Was ist jetzt drin in den Sorpresa – Tüten?
Oh! Überraschung!
Müll. Aber der Verkäufer hat sich gefreut.
Die tägliche Polizeistreife grüßt herüber. Leute schlendern herum, fragen, ob sie Selfies vor der Rappelkiste machen dürfen. Im Kunstmarkt spielt eine Band. Alle 15 Minuten beantworten wir die Frage: „Holá, de donde son?“ und ernten großes Erstaunen: „Alemania ?!?!“ Sie wünschen uns alles Gute, Gottes Segen, viel Glück und gute Reise, alle sind so nett hier. Freundlich interessiert ohne jemals aufdringlich zu werden.
„Ich könnte hier noch ´ne Woche bleiben“ sagt Martin. Rosario ist klasse.
Gleichzeitig zieht es uns weiter, nach Osten, zum Meer. „Das Wetter wird lausig morgen“ sagt Martin.
Passt, dann fahren wir morgen.
Liebe Grüße, bis dann!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
Schreibe einen Kommentar