Auch heute morgen zieht Nebel durch Atlantico, aber es wird stetig heller.
Bis zum nächsten Hochwasser haben wir dreieinhalb Stunden Zeit, klingt komfortabel.
„Startklar?“
„Startklar!“
Außer den verschlafenen Hunden ist noch niemand auf den Strassen
Wir rollen zum Strand. Hm…das Niedrigwasser haben wir uns niedriger vorgestellt…
Ein kurzer Blick zur Seite: „Rechts ist frei“ – los geht die wilde Fahrt!
200 Kilometer Strandpiste liegen vor uns. Ungefähr in der Hälfte werden wir uns einen Übernachtungsplatz suchen, so ist der Plan.
Der Sand ist hart wie Beton, Martin beschleunigt auf 60 km/h, das macht aber so richtig Spaß!
Die Sichtverhältnisse sind noch suboptimal. Schemenhaft sehen wir die Hütte, bei der wir vorgestern gewendet haben.
Zwei Männer, die ihre Netze einholen und uns zuwinken
Nebeltröpfchen auf der Scheibe, die Piste fühlt sich sehr gut an, wir legen noch einen Zahn zu und fliegen dahin…
Hier und da liegen tote Seehunde, Möwen und Pinguine am Strand, eine große Schildkröte, traurig, aber das gehört eben dazu.
Erste Sonnenstrahlen durchbrechen das Grau, ihr Licht blendet auf dem Wasser
„Tuut! Tuut!“
Dicht bei der Wasserkante ist der Sand sehr fest, weiter oben wird es schnell weich, wie uns die Spuren verraten.
Also halten wir uns näher am Wasser…
Ein paar Sommerhäuschen. Es muss wunderbar sein, hier, weit ab von jedem Dorf, den Sommer am Strand zu verbringen.
Möwenschwärme begleiten uns, Austernfischer kreuzen unseren Weg. Strand und Meer und die Tiere, mehr nicht.
Jetzt wird die Piste insgesamt weicher und nasser.
Wir wollen vorsichtshalber den Geländegang zuschalten, um nicht plötzlich im Weichsand zu stecken.
Martin hält kurz, schaltet den Geländegang zu, lässt Rappel anfahren – und sie gräbt sich ein!!
Ist das zu fassen?!
Na Bravo! Also raus, den Reifendruck runterlassen auf 3 Bar.
Mit den schlaffen Schlappen rollen wir ohne Probleme aus den Sandlöchern.
Eine Stunde sind wir jetzt unterwegs, ja, man sieht das Wasser schon ansteigen…
Durch die Dünen wandert eine Herde Kühe – „Seekühe“. Erstaunlich, das sie genug zu futtern finden…
Plötzlich wird es richtig oll….
Weichsanddünen bis runter zum Wasser. Wie gut, daß wir schon Luft aus den Reifen gelassen haben.
Jetzt nur nicht steckenbleiben, Rappel schlingert ein-zweimal kurz, rutscht zur Seite, oh oh, schiete….spannend…..
„Da vorne wird´s besser“ sage ich, während wir über die Sandberge gleiten.
„Findest du?“ fragt Martin zweifelnd zurück.
„Ach…ich sag das nur so….“
Aber dann wird es tatsächlich besser. Geschafft.
Auf jedem Meter müssen wir versuchen, den Untergrund einzuschätzen, nicht leicht.
Hier ist es ganz schwabbelig, nasser Sand spritzt auf und saut die Rappelkiste bis oben hin ein.
Diese Piste bietet uns wirklich alles: eine Menge Spaß gewürzt mit einer großen Prise Spannung.
Macht richtig viel Spaß!
Viele große Walzenschneckenhäuser liegen vor uns auf dem Strand
Wir halten und schauen sie uns genauer an. Wunderschön….
Die Piste bleibt fest, wir schalten Geländegang und Sperren ab.
Immer mehr Prile durchziehen den Strand, ein hübscher Leuchtturm ziert einen Militärposten in den Dünen
Was ist das für ein großer Haufen da hinten?
Oh! Ein gestrandeter Wal.
Ein junger Wal, noch relativ klein.
Ein einsamer Wanderer kommt uns entgegen, zwei Stunden sind wir jetzt unterwegs.
Das Wasser ist schon deutlich gestiegen, in eineinhalb Stunden erreicht die Flut ihren Höchststand.
Wir halten langsam Ausschau nach einer Seitenpiste, um dort für die Nacht einen sicheren Platz weit genug weg vom Wasser zu finden.
Bis jetzt steht in allen Abfahrten das Wasser, in diese Riesenpfützen möchten wir uns nicht stellen. Wir werden schon was finden…
Es wird wieder weicher, Martin hält und schaltet den Geländegang wieder zu.
Tritt auf das Kupplungspedal….es sinkt einfach nach unten und bleibt da.
Kein Tritt mehr. Die Kupplung streikt.
Wir haben ein Problem.
Was genau ist hier los?
Diagnose: der Geber/Nehmerschlauch ist durchgescheuert.
Schönen Gruß von Argentiniens Rüttelpisten.
Mit eingelegtem Gang lässt sich der Steyr nicht starten. Das müssen wir umgehen, damit wir Rappelkiste mit eingelegtem Gang anruckeln und so starten können.
Jetzt heißt es: tüfteln
Vor vielen Jahren hat Danü, der Steyr Spezi, uns ein winziges Kabelchen gegeben. „Falls ihr mal Probleme mit der Kupplung haben solltet….“
Das zaubert Martin nun aus dem Werkzeugkasten.
Eine knifflige Sache. Ohne das Fahrerhaus zu kippen, kommt Martin nur sehr schlecht an alles ran. Durch die einsetzende Flut sind wir etwas unter Zeitdruck, wir entscheiden uns gegen kippen. Es muss so gehen…
Martin probiert herum, versucht diese Idee, testet….nein, starten funktioniert nicht. Entwickelt eine neue Idee, testen….klappt auch nicht.
Die nächste neue Idee, immer wieder fädelt er gummiartig seine Arme durch die Gestänge. Anstrengend.
Währenddessen steigt das Wasser….noch 10 Schritte bis zum Wellensaum….
40 Minuten Tüftelei, Versuch und Irrtum, nicht aufgeben….
Wir machen den vierten Startversuch.
Dritter Gang rein, Zündschlüssel drehen….
Rappelkiste ruckt ein, zweimal…..startet….fährt an!!
Genial Martin! Wir fahren!
Langsam zuckeln wir vorwärts, ohne zu schalten. Das steigende Wasser zwingt uns bereits weiter nach oben in den weicheren Sand.
Da finden wir eine Einfahrt, weg von der Brandung.
Eine halbe Stunde vor Wasserhöchststand.
Top Timing!
Rappel steht sicher.
Erstmal was essen.
Herrlicher Sonnenschein, kaum Wind. Ach, hier könnte man so schöne Vogelperspektivbilder machen….aber die Fliegerin ist ja kaputt…..
Martin bereitet die Außenwerkstatt vor, da kann ich nix helfen, Zeit für einen Rundgang.
Zuerst mal auf die Düne für einen Überblick.
Etwas über 90 Kilometer sind wir heute gefahren, die nächste Ortschaft liegt circa 110 Kilometer weiter nördlich. Wir stehen auf einer Landzunge, vor uns der Atlantik, im Rücken trennt uns eine langgezogene Lagune von jeder Ortschaft. Die Piste führt in eine Sackgasse im Wald.
Wunderbar allein.
Wie sieht es unten am Wasser aus?
Der Blick nach rechts…zur Rappelkiste….und nach links
Wunderschön hier!
Auf dem Sand liegen Krebsgehäuse, Muscheln und Rocheneier
Und Schneckenhäuser in Übergröße
Ich glaube, es sind Walzenschnecken. Sie werden bis zu 20 Jahren alt und sehr groß.
Kommen die eigentlich schon im Gehäuse auf die Welt? Oder wächst das dann erst langsam?
Testen wir doch mal die Wassertemperatur…
Dann rollt mal an, ihr Wellen….
Hoppala! Saukalt!
Wieder zurück lege ich meine gesammelten Schätze zum trocknen auf den Reifen.
Martin ist schon voll konzentriert bei der Arbeit.
Schlauch flicken.
Jetzt muss Flüssigkeit eingefüllt werden. Von unten nach oben. Viel Flüssigkeit haben wir nicht auf Lager, das muss reichen. Im Fundus findet sich eine kleine Spritze.
Was für eine zähe Arbeit. Die Spritze fasst nur 10ml. Um die 400ml muss eingefüllt werden….
40 mal eine Winzigkeit Flüssigkeit aufziehen, dann nach oben in den Schlauch drücken.
Nochmal und nochmal und nochmal…..
Dann oben das Pedal testen. Baut sich langsam Druck auf?
Der Druck im Geber/Nehmerschlauch ist sehr hoch, die ersten Schlauchpflaster halten dem nicht stand.
Immer und immer wieder knallt das Kupplungspedal nach unten KLACK! und kommt nicht zurück.
Eisern entwickelt Martin neue Ideen, testet, flucht und fängt wieder von vorne an.
Mehrfach gibt die geflickte Stelle den Geist auf…..nächster Versuch…..
Ein paarmal klappt es fasst, das Pedal kommt schon wieder ein wenig hoch, dann….
„Sch….!!“ 😡
haben wir plötzlich an anderer Stelle ein neues Loch. Der Schlauch ist echt fertig….
So vergeht der ganze Nachmittag.
Die Abendsonne scheint schon unters Auto und Martin hockt immer noch im Sand und tüftelt.
Endlich passiert es:
Druck baut sich auf, das Pedal kommt langsam wieder in seine Position zurück, die Flicken halten stand!
Martin ist zuversichtlich, kein neues Loch tut sich mehr auf.
Uff!
Kurz bevor die Sonne hinter den Bäumen verschwindet haben wir es geschafft.
Wir sind beide erleichtert.
Anstrengend war das, den ganzen Nachmittag diese Hockerei unter dem Auto, die Bastelei am Schlauch, die vielen Rückschläge.
Mal wieder etwas mehr Abenteuer als wir unbedingt bräuchten…
Ein Fastvollmond steht am Himmel über dem Meer.
Jetzt nur noch aufräumen und dann:
Feierabend!
Liebe Grüße, bis morgen!
Julia & Martin
Heute mal ein etwas anderes Selfie…
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin


















































































































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