Lago Blanco. Wie so oft würden wir gerne einen Tag länger bleiben, aber mal wieder verdirbt uns das der kalte, elende Wind.
Mittags starten wir die Rappelkiste.
Hinein in den Märchenwald
Ab auf die Piste. Die Landschaft ist übersät von Margariten
Der Ort Pampa besteht aus einem Haus mit einem Lädchen.
Dank der Foodcontol an der Grenze haben wir ja kein Gemüse oder Obst mehr. Voller Hoffnung halten wir an. Vom Haus kommt eine nette Dame herüber und schließt den Laden auf.
Es gibt Cola, Kekse und Dosen. „Verdura?“ fragen wir. No. Okay, dann….adios. „Ajo polvere!“ ruft sie uns hinterher, als wir an der Tür sind. Knoblauchpulver….no, muchas gracias….
Die nächste Ortschaft ist 84 Kilometer entfernt, da werden wir schon etwas Gemüse bekommen.
Zunächst eisern geradeaus. Nur das sich ständig verändernde Licht sorgt für etwas Abwechslung
Wir überqueren wieder den Rio Grande, hier ist er noch ziemlich schmal. Erstaunlich, wieviel Wasser noch dazuläuft.
Guanakos überall. Auf Feuerland gibt es keine Pumas und so haben sie keine natürlichen Feinde. Außer den Menschen, die ganz gerne Guanakoteile auf ihre Grills legen.
Feuerland pur, wir lieben diese Landschaft
Die Highlights der folgenden Kilometer:
Oh! Ein Monumento historico! Ein Goldbagger! Oho!
Hunderttausende Schafe, aber kein Schafskäse in den Geschäften…..
Die Schäfchen müssen natürlich noch eben schnell über die Piste eilen. Rennt einer, rennen alle…oder einer bleibt stehen….
Ein Hirte hoch zu Ross, wir winken uns zu
Die nächsten Roadrunner
Achtung! Nachzügler von links!
Wir sehen das Meer! Die Westküste, den pazifischen Ozean. Genauer: die Bucht von Inútil
Cameron, der Ortskern der Gemeinde Temaukel, die Namen sind klasse. Das erste „Städtchen“ seit der Grenze, um die 60 Einwohner.
Eine kleine Holzkirche, ein öffentliches Duschhaus, überschaubar. Wir halten vor dem Dorfladen.
Chipstüten in Übergröße, Dosen, Kekse, Cola. „Verdura?“ fragen wir zaghaft….“No.“ Kein Obst. Kein Gemüse. Krass! Isst denn hier niemand etwas frisches? Oder bauen alle ihr Gemüse selber an?
Was tun? Eigentlich sollten wir jetzt Feierabend machen, der Tag war lang genug. Wir könnten lange und heiß duschen. Dosen haben wir auch noch, also was zu kochen wäre machbar.
Nach Porvenir sind es ungefähr 130 Kilometer, eigentlich zu weit. Aber Martin ist noch voller Elan, er möchte durchziehen.
Okay, dann los!
In sanften Kurven führt die Piste an der Küste entlang.
Alles ist eingezäunt. Keine Chance sich in irgendeine Bucht zu stellen. Wir wollen ja ohnehin weiter….
An einem Strandabschnitt leben Königspinguine. Auf Privatbesitz. Ein Volltreffer für die Landbesitzer, die sich damit einen netten Extrapeso dazuverdienen. Eintrittspreis 17€ pro Person für eine Stunde Besichtigung. Das kann uns nicht verlocken…
Wir sausen dran vorbei……..
In diesen Riesenscheunen werden die Schafe vor der Schur zum trocknen eingestellt. Die Wolle darf nicht nass sein.
Immer noch 100 Kilometer bis Porvenir und wir wechseln auf Schotter. Das reduziert die Geschwindigkeit. Und dann kommt auch noch eine Baustelle, wir werden auf eine holprige Schrebbelpiste geleitet. Anstrengend für Mensch und Material. Alles scheppert, ein Höllenlärm…
Baustellenende, wir sausen dahin, aber es zieht sich. Eigentlich fahren wir schon viel zu lange……..
Hier gäbe es ein paar mögliche Übernachtungsplätze.
„Vielleicht da wo der Van steht?“ frage ich
Nö.
„Bei den Booten?“
Nö.
„Und da bei dem Bus?“
Ach, das finde ich auch nicht überzeugend….
Und das war´s dann wieder mit Plätzen…….
Das gleißende Licht über der Inútil Bucht ist der Abschiedsgruß der Sonne für heute
Es beginnt zu regnen. Am Strand stehen vereinzelt Anglerhütten aus Wellblech
Ungefähr 40 Kilometer vor Porvenir haben wir wieder Asphalt unter den Reifen, jetzt fliegen wir geradezu!
Natürlich vergessen wir unser TRÖÖT! für Gauchito nicht!
Noch ein bißchen geradeaus und vor uns liegt Porvenir. Geschafft!
Porvenir bedeutet Zukunft. Ist das nicht hübsch? Wieviel Hoffnung und Zuversicht darin steckt, wenn man seinem Städtchen diesen Namen gibt.
Von hier geht eine Fähre aufs Festland, nach Punta Arenas.
„Da müsst ihr Wochen im Voraus reservieren! Alles immer ausgebucht!“ haben uns die Bayern in Rio Grande erzählt.
Natürlich haben wir nichts reserviert…
„Wollen wir schnell nach Tickets fragen?“ Martin ist immer noch voller Tatendrang. Der Ticketschalter schließt in 5 Minuten.
Er springt aus dem Auto und verschwindet im Gebäude, ich bin zu müde für alles….
Tatsächlich, Martin hat zwei Fährtickets für morgen Mittag!
„War gar kein Problem“ sagt er. „Die Fähre ist nicht ausgebucht…“
Was diese „Experten“ immer so reden, Hauptsache negativ. 149,-€ kosten die Tickets.
Dann ist es also soweit: morgen verlassen wir unser geliebtes Feuerland…..
Jetzt fahren wir erstmal einkaufen.
Der morbide Charme von Porvenir gefällt uns. Vielleicht nicht schön im eigentlichen Sinne, aber die farbenfrohen Häuser wirken gemütlich, warm und wetterfest.
Wir halten vor einem Supermarkt, untergebracht in einem Lagerhaus.
230 Kilometer sind wir seit der Grenze gefahren, bis wir wieder einen Supermercado ansteuern können.
Voller Vorfreude auf frisches Gemüse und Obst schieben wir den Einkaufswagen durch die Gänge
Was macht man mit diesen Algenpaketen? Das wüßte ich gerne….ist das Salz oder Schimmel?
Die Gemüseabteilung. Ohje……
Vergilbter Brokkoli, schwarzfleckige Möhren. Okay, aus denen kann man noch was machen…
Bei den Salatkisten kommen uns die Tränen….
Tot durch Vernachlässigung
Verschimmelte Kohlköpfe dämmern in ihrer Pappkiste, liegen in Morpheus Armen…
Frische Kräuter gefällig?
Warum nur kümmert sich niemand um das Gemüse? Wieso lässt man das so verrotten? Wir verstehen das einfach nicht.
Ein Mitarbeiter kommt mit einer Kiste Tomaten und schüttet sie einfach auf die alten, schimmeligen drauf.
Schlecht für die Tomaten, gut für uns, dann nehmen wir zwei Tomaten von oben und zwei Zwiebeln mit.
Wir schieben weiter unseren fast leeren Einkaufswagen, die Dosen sind wesentlich günstiger als in Argentinien. Brauchen wir aber nicht.
Bei den Getränken jede Menge grell gefärbtes Zuckerzeug, da müssten wir schon kurz vorm Verdursten sein, bevor wir das trinken.
Immerhin, wir haben Tomaten und Zwiebeln. Jetzt fehlt uns nur noch ein Übernachtungsplatz.
Vielleicht am Hafen, etwas außerhalb.
Nein, nicht so gut, die Parkplätze zu klein für unsere Dickmadame. Also raus zum Leuchtturm.
Platz genug und ein herrlicher Blick auf die Magellanstrasse.
Es ist schon halb acht, als wir die Rappelkiste für heute abstellen.
Durch so schöne Landschaften sind wir heute gefahren. Feuerland hat nochmal alles gegeben. Südbuchenwälder, dicht und grün. Schier unendliches, goldgelbes Grasland unter leuchtend blauem Himmel. Glitzernde Flüsse und Seen. Cameron, das winzige Küstendorf. Die Piste, die sich in sanften Kurven die Küste entlangschlängelt. Porvenir mit seinen bunten Häusern….es war ein langer, aber sehr schöner Fahrtag.
Jetzt würden wir gerne noch etwas draußen rumstehen. Doch eisige Windböen treiben uns rein.
Kurz vor 21 Uhr sehen wir die Abendfähre hinausfahren, in den Sonnenuntergang
Feuerland macht seinem Namen wieder einmal alle Ehre
Gute Nacht!
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Morgens um fünf. Es ist nicht mehr taghell um diese Uhrzeit. Im Osten funkeln die Lichter von Porvenir.
Eineinhalb Stunden später geht die Sonne auf, goldenes Licht, die Schafe umgibt ein Lichterkranz
Ist ein guter Platz hier beim Leuchtturm.
Am späten Vormittag fahren wir runter zum Hafen.
Zwischen die beiden Lkws passt genau eine Rappelkiste
Am Kai liegt unsere Fähre.
Ticketkontrolle mit einer bösen Überraschung:
Mein Ticket ist auf gestern ausgestellt. OH NO!
Wir sollen zum Schalter im Hafengebäude gehen und das klären.
„No problem! I fix it“ beruhigt uns die Dame am Schalter. Ein Glück! Sie schreibt das Ticket um.
Los geht´s!
Ziemlich pünktlich legen wir ab.
Zum zweiten Mal schippern wir hinaus auf die Magellanstrasse.
Dieses Schiff ist etwas anders als unser Luxusdampfer. Seelenverkäufer würde ich nicht sagen, aber….
Ist ja nur Rost…Hauptsache fährt und sinkt nicht.
Kormoranschwärme begleiten uns, da steht unser Leuchtturm
Zweieinhalb Stunden dauert die Überfahrt nach Punta Arenas.
Ein bißchen traurig….tja….
Adios Feuerland!
Du hast unser Herz im wahrsten Sinne im Sturm erobert. Viel schöner, als wir es uns erträumt und erwartet hatten.
Traumhafte Landschaften, traumhaftes Licht
Das Feuerlandwetter verlangt einem ganz schön was ab, der Sommer ist nichts für schwache Nerven. Vor allem der immerwährende stramme Wind geht einem ganz schön auf den Geist…
Aber das Wetter wechselt ständig und unerwartet, immer gut für eine Überraschung. Und wenn dann plötzlich die Sonne wieder scheint….da geht einem sofort das Herz auf….
In uns brennt eine ganz große Feuerlandliebe.
Wir möchten unbedingt irgendwann wiederkommen.
In zwei Stunden erreichen wir Punta Arenas,
liebe Grüße, bis gleich!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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