Ah, da ist die Draa!

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Wir wollen gerade frühstücken, als ein freundlicher, älterer Herr im Kaftan über die Dünen zu uns rüber spaziert. An den Füßen trägt er lediglich dicke Socken, damit kann man wahrscheinlich im Sand besser laufen. Bonjour, ca va? Sein Auto hat ein Batterieproblem, erklärt er, ob wir ihn anschleppen können, er ist vom Zeltlager nebenan. Sicher, wir kommen nach dem Frühstück.
Im Camp sind viele Leute, lustig angezogen und merkwürdig bemalt, eine bunt zusammengewürfelte Clownstruppe aus Frankreich und Belgien, die hier einen Workshop macht. Mittendrin steht ein kleiner, blauer Toyota 4×4. Ob wir erstmal Tee trinken möchten – nein, vielen Dank, später vielleicht!

Der erste Anschleppversuch bringt kein Ergebnis, der Motor bleibt stumm. Wir hängen den Toyo an die Rappelkiste, Martin will ihn erstmal aus dem Camp auf offenes Gelände ziehen. „ Ich fahr auch nicht schnell, ganz langsam….“ Er bittet den Fahrer, kurz zu hupen, wenn der Wagen angesprungen ist. „ Das geht nicht, er hat keine Hupe!“ Okay, dann aufblenden? „ Nein, leider, er hat kein Licht, c´est une voiture du desert, das ist ein Wüstenfahrzeug…“ Okay, dann winken, geht das? Ja, alles klar!

Los geht´s! – Wie war das? Ganz langsam? Mit Schwung zieht die Rappelkiste ab über die Dünen, hui, der kleine Wagen hopst hinterher. Wir starten die Lkw´s, winken, wollen auch los: „ Nein, nein!! Erst Tee trinken, bitte!“ Brigitte verschwindet hinten in der Elli, der Unimog ist schon über die Düne. Bleiben Wolfgang und ich und ein Teetablett mit sechs Tassen. Also gut, wir beide schütten tapfer jeder drei Tassen auf Ex, füllen ein paar der angebotenen Kekse in eine Dose, bedanken uns mehrmals und verabschieden uns. Das Gesöff hat´s in sich! Schwarzer, lange gezogener Tee, zu 90% verdickt mit Zucker, uff….nicht umsonst nennt man das Berber – Whiskey!

In der freien Ebene zieht Martin mit dem Toyota im Schlepptau seine Runden.
Zwischendrin hat der Fahrer mal gewunken, nur um Martin mitzuteilen, daß das Zündschloss nicht funktioniert. Ein wenig rumprobieren, dann geht die Zündung plötzlich an, aber der Wagen nicht. Noch eine letzte Runde, es ist hoffnungslos. Dieses Wüstenfahrzeug ist tot.

Der ältere Herr bedankt sich überschwänglich, lädt uns ein in sein Camp in Mhamid, wir sollen seine Gäste sein. Heute Abend kommt jemand raus und bringt eine neue Batterie ( das wird nichts nützen…) Inschallah! Ob wir nicht noch Tee trinken möchten? „Oh, nein, wir hatten ja schon, wirklich…vielen Dank!“ Ich zeige ihm zum Beweis die Kekse, die wir mitgenommen haben.
Bis Mhamid können wir im Draa – Flussbett fahren, haben uns die Marokkaner versichert, das wären 30 Kilometer! Super!
Wir finden den Einstieg, niedriger Reifendruck und los! Macht das Spaß!! Feiner, pulverartiger Staub lässt uns einsinken, dann wieder Sand, wir schwingen dahin…es fühlt sich an, wie in einem Luftkissenboot. Streckenweise steinige Passagen, eine Herausforderung für die platten Reifen. Wir fahren kurz am Ufer entlang, walzen durch tiefen Sand, dann wieder rein ins Flussbett. Plötzlich sehen wir Wasser! Völlig unerwartet! Da könnte der Untergrund zäher Schlamm sein, vorsichtig!

Der Zuckertee zeigt Wirkung, ich plappere während der Fahrt ohne Punkt und Komma, total aufgedreht, Mann, hab ich viel zu erzählen!
Pause bei einer Wasserstelle.

Eine Fundgrube für unsere Steinesammler, eine unglaubliche Vielfalt an Farben und Formen, es fällt mir schwer, keinen mitzunehmen. Weiter geht die Flussfahrt, schließlich taucht Mhamid auf. Schade, schon zu Ende, das war total klasse! Die letzten Kilometer säumt eine riesige Palmerie, der Wind hüllt alles in Staub.

Nach neun Tagen im Gelände sind wir wieder in einer kleinen Stadt. Alles ist sehr touristisch hier, überall werden Quadfahrten und Dromedarkarawanen angeboten. Vor den Souvenirshops wehen bunte Tücher im Wind. Die Leute aus Mhamid machen was aus ihrer Nähe zu den Sanddünen. Gleichzeitig ist es marokkanisch verstaubt und verschlafen.
Im „Melodie du Desert“ wollen wir essen, da sitzt man schön. Wir bestellen Berberomelette und Fritten. Viel Auswahl gibt es in marokkanischen Restaurants nicht.

Ein Mitarbeiter geht los und kommt mit frischem Koriander wieder, aha, prima, für das Omelette, je frischer, desto besser.
Ungefähr zwanzig Minuten später geht ein Mitarbeiter los und kommt mit einer Palette Eiern zurück! Aha, die braucht man auch für Omelette….wir sind gespannt…. welche Zutaten müssen denn noch frisch gekauft werden? Die Omelettes werden serviert und schmecken sehr gut. Martin wollte seines ohne Käse, hat stattdessen keine Tomaten bekommen. Seufz….

Nach einer Stunde, die Omelettes sind längst vertilgt, fragen wir mal nach, wo die Fritten bleiben? Oh, pardon, er hat es vergessen, einen Moment, bitte!! Ein Mitarbeiter geht los und holt: Kartoffeln!! NEIN!!! Jetzt erst schälen, schneiden und frittieren?! Ja! Nur eine halbe Stunde später bekommen wir fettige, schlappe Matschpommes serviert, zwei kleine Portionen für sechs Leute…..ojeh, das war nix….
Wir bleiben für die Nacht in der Nähe von Mhamid, es ist zu spät, um noch weite Strecken zu fahren. Holz wird zusammengetragen für ein schönes Lagerfeuer. Es wird die letzte gemeinsame Feuerrunde, morgen fahren wir alle zum Camping nach Zagora und dort werden uns Brigitte, Wolfgang und die Elli zwei Tage später verlassen. Ihr Schiff nach Italien geht in den nächsten Tagen. Wehmut macht sich breit, zu schön war die gemeinsame Zeit. Bitterkalt ist die Nacht, wir rücken nahe ans Feuer, ratschen und bleiben alle so lange wie möglich draussen.

Richtung Zagora, überall stehen Sandfangzäune. Erstaunlich grün ist die Landschaft, überall Wassergräben und dazwischen kleine, quietschgrüne Felder. Sehr schön, frisch und fruchtbar sieht die Gegend aus. Luxushotels in marokanischem Stil, umgeben von Palmenhainen werben um Gäste.

Die Berge bizarr, von einem Aussichtspunkt aus schauen wir weit über die Ebene. Wir überqueren die Draa und die ist voller Wasser, ein richtiger Fluss! Nichts deutet mehr auf das trockene Staubbad hin, durch das wir gestern gefahren sind. Die Berberinnen tragen ihre schönen, schwarzen Tücher, farbenfroh bestickt, paillettenglitzernd und mit bunten Bommeln verziert.
In Zagora fahren wir an einer Autowerkstatt vorbei, der Zagora-Garage. „ Hallo, schöne Steyr!“ ruft uns ein Mechaniker zu. Vor dem Camping halten wir, ein Mitarbeiter von Zagora-Garage hat uns auf dem Moped verfolgt und versucht, uns als Kunden zu gewinnen. „Ich kenne alle, Pistenkuh, Burkhard und Sabine, gute Freund, komm abschmieren…“ Auf dem Camping geben wir unsere Wäsche ab, gehen später in der Stadt Pizza ( ! ) essen, die sogar recht gut ist und versuchen anschließend, einen Abendbummel durch die Strassen zu machen.

Leider kann man sich nichts in Ruhe ansehen. Ohne es zu wollen haben wir gleich einen deutschsprachigen Begleiter. „ Ich zeige euch alles, komm in mein Laden, nur reinkommen, dann bringst du mir Glück, du mußt nichts kaufen, nur Tee trinken usw…..“ Ein bisschen wie Spießrutenlauf. Anstrengend. Nervende Kinder betteln uns vorm Campingplatz an, erst auf dem Gelände haben wir Ruhe und können noch ein Nachtgetränk nehmen.

Der nächste Morgen, wir brauchen Brot und streifen nochmal durch die Stadt.

Wieder zurück gibt es viel zu tun. Wolfgang flickt den kaputten Reifen, Martin schmiert die Rappelkiste ab, außerdem tropft Kühlwasser, das muß gestoppt werden. Ich schreibe den nächsten Blogbeitrag. Auf dem nächstgelegenen Camping soll es einen inoffiziellen Alkoholverkäufer geben, wird gemunkelt. Alfred und Martin machen sich auf die Suche. In einer winzigen Gasse zwischen zwei Lehmhütten werden sie fündig und geben ihre Bestellung ab. Sie müssen draussen warten. Der Mann verschwindet im Haus, man hört, wie innen eine schwere, eiserne Klappe geöffnet wird. Das Bier wird gebracht, der Mann kassiert recht üppig und schon sind wir wieder versorgt für die nächsten Wochen. Hurra!


Samstag, Markttag in Zagora. Wir fahren alle zusammen in der Elli hin. Aus allen Richtungen kommen die Leute, zu Fuß, auf Eseln, mit Karren und Lieferwagen. Ein sehr großer Platz, viel Betrieb, viele Stände. Wir bummeln los, aber bleiben nicht lange allein. Schon heftet sich wieder jemand an unsere Fersen, der deutsch spricht und uns unbedingt zum Dromedarmarkt bringen will. „Komm ich zeige dir Berbermarkt, komm, komm, mach Foto, mach Foto!“ Boah, das nervt! Nein, danke, nein danke, nein, danke……Irgendwann gibt er tatsächlich auf, wir haben`s schon nicht mehr geglaubt. Die Eierfrau versucht den alten Rial-Trick, Rial ist die inoffizielle, parallel zum Dirham existierende marokkanische Währung. Immer wieder bekommt man Preise in Rial genannt. Das erkennt man aber nur daran, daß einem der genannte Preis viel zu hoch erscheint. 2 Rial sind 1 Dirham, die Eierfrau verlangt 120,- für 30 Eier, damit kann sie nur Rial meinen. Nachgefragt und tatsächlich: 60,-DH ist der wahre Preis. Nicht drauf reingefallen!

Der Gewürzemann fängt uns ein. Blauer Turban, blauer Kaftan, er sieht aus wie ein riesiger blauer Schneemann, alles dick und rund. Sein fröhliches, zahnloses Lachen ist ansteckend, in blumigen Worten preist er seine Ware an. Wir kaufen Harissa, Ingwer und Kurkuma in rauhen Mengen. Sylvia muß husten. Da hat er was ganz Besonderes für sie! Er zieht ein gelbes Tüchlein aus seinem blauen Kaftan, wickelt kleine, schwarze Körnchen ein und dreht das Tüchlein zu einer Kugel. Diese reibt er anschließend an seiner dicken Hüfte und hält sie Sylvia hin. Tief einatmen, das eine Nasenloch hält er ihr dabei zu. Es duftet extrastark nach Menthol und irgendeinem Gewürz, macht die Nase frei, sehr angenehm! Wir probieren alle, bei Erkältung sollen wir die Körnchen mahlen und in heißem Wasser oder Milch trinken. Superzeug, wird gekauft! Natürlich zahlen wir keine Touristenpreise, versichert er uns – der Schelm, wer´s glaubt…..

Schwer beladen mit viel Obst, Gewürzen und Gemüse kehren wir zur Elli zurück.

Am Markteingang hat ein Schmied seine mobile Werkstatt aufgebaut. Er hockt auf dem Boden, in einem kleinen Erdloch glüht Kohle, mit einem umgedrehten Fahrrad wird der Blasebalg betrieben, simpel und effektiv. Ein himmelweiter Unterschied zu einer Schmiede bei uns!
Elli bringt alle zurück zum Camping und dann kommt er, der gefürchtete Moment:
unsere fantastische LKW-G löst sich nach einem Monat gemeinsamer Reise auf. Brigitte und Wolfgang verabschieden sich gen Norden. Wir hatten eine unvergesslich schöne und abenteuerliche Zeit! Die vielen Abende am Lagerfeuer und was haben wir zusammen gelacht!
Niemals hätten wir erwartet, daß es so viel Spaß macht, mit anderen Leuten zusammen zu reisen.

Wir vier übrigen werden weiter nach Osten fahren.
Der Erg Chebbi wartet auf uns….
Bis dann, liebe Grüße,


Julia & Martin

Drink positive!

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