Albanien Teil 1

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Die Einreise nach Albanien verläuft unkompliziert und sehr freundlich. Wir lassen den Shkodra-See rechts liegen und fahren durch mieses Wettter an seinen Ufern entlang bis zum kleinen Städtchen Koplik. Unser erster Eindruck: keine Augenweide….funktionell könnte man sagen.
Im Telefonshop kaufen wir Internet, 20GB für 12,50€, drei Wochen gültig. Für die kommenden Tage ziehen wir albanische Lek aus dem Bankomat. Für 1,-€ bekommen wir 123,5 Lek. Diesel kostet um die 170,-Lek / Liter – ca 1,38€. Gut, daß wir in Montenegro nochmal aufgefüllt haben. Schnell noch etwas eingekauft und schon brechen wir auf um einen Platz für die Nacht zu finden.

Bei Lezhe biegen wir ab nach Shengjin zum Strand. Wir durchqueren den Ort in nordwestlicher Richtung und stehen am Ende vor einem großen Tor. Militärgelände, Mist, dahinter haben wir auf G…earth den schönsten Strand gesichtet……Der Soldat am Tor winkt uns zu, wir sollen durchfahren. Im Ernst? Na gut, also durch.
Zwischen verlassenen Gebäuden parkt ein Steyr 680, der gemeinsam mit anderen LkwKameraden vor sich hinrostet. Ein einspuriger Weg führt über Serpentinen steil bergauf. Überall tauchen leere, verfallene Gebäude auf. Eine Geisterkaserne. Ein einziges Haus in gelb – blauem Tarnfleck scheint noch in Betrieb zu sein. In die Felsen am Wegrand sind alle paar Meter Betonbunkeranlagen eingefügt. Dann, irgendwie fehl am Platz, eine große Hotelanlage und endlich haben wir freien Blick aufs Mittelmeer! An der Ferienanlage vorbei, langsam geht es berab in einen Pinienwald mit vom Wind schräggewehten Bäumen, dazwischen leere Hotels. Schließlich links ein kleiner Weg zu einer Strandbar. Großartig! Kilometerlang läuft der Sandstrand, wir müssen nur noch entscheiden, ob wir links- oder rechtsrum auf den Sand fahren.

Rechts sehen wir drei junge Leute, die ihren Mercedes tief im Sand festgefahren haben. Ein Kumpel mit kleinem Allradwagen kann nicht helfen, ihr Abschlepp“bindfaden“ ist gerissen. Wir fahren hin: „Can we help?“ Die Hoffnung und Freude auf den Gesichtern ist unbeschreiblich. Für die Jungs müssen wir wie eine Glücksfee aus dem Nichts aufgetaucht sein. Wir holen unser großes Abschleppseil und ruckzuck ist der Mercedes befreit, Martin zieht ihn noch auf eine festere Piste. Großer Jubel, die Jungs verabschieden sich alle mit tausendfachem Händeschütteln und Freudengeschrei.

Wir drehen eine Runde im Sand, bis wir unseren optimalen Standplatz gefunden haben und fühlen uns sauwohl hier. Den Haufen Müll, den das Meer wieder an Land gespuckt hat, denken wir uns weg. Der Abend ist mild, wir sind allein und sitzen noch bis spät in die Nacht draußen auf unserer Terrasse am Meer.
Wie gerne wären wir mehrere Tage hiergeblieben…. im Meer baden, in der Sonne liegen, abends am Lagerfeuer sitzen, der warme Wind streicht leicht über unsere Gesichter…….

aber nach zwei Tagen sagt der Wetterdienst schwere Unwetter voraus mit starken Gewittern. Hier stehen wir auf dem Präsentierteller, wir werden uns etwas geschützteres suchen müssen. Schade…….
Zurück durchs Militärgelände, an den halb versunkenen Kriegsschiffen vorbei, der Soldat am Tor grüßt uns.
Etwas landestypische Musik, bitte! Ich schalte das Radio ein. „ Heidi, Heidi….“ tönt es aus den Lautsprechern, der restliche Text ist auf albanisch, wir singen den Refrain begeistert mit. Albanien ist das Land der Tankstellen. Gefühlt alle 500 Meter eine Tankstelle. Und 80% der Pkws sind die mit dem Stern, in allen Alters- und Preisklassen vertreten. Wir passieren Durres, eine große Hafenstadt, die schön sein soll, wir haben aber keine Lust auf Stadt. Südlich von Durres liegt Gjenerali Beach, eine ganz kleine Bucht, die hoffentlich im Windschatten liegt. Beim Abzweig sehen wir auf einer Tankstelle ( wo sonst? ) einen großen Offroadtruck mit deutschem Kennzeichen. Natürlich halten wir zu einem kleinen Plausch. Angela und Torsten sind ebenfalls unterwegs nach Griechenland und wollen gerade zur Lagune von Divjake aufbrechen. Vielleicht treffen wir uns die nächsten Tage da nochmal. Wir fahren weiter auf schmalster Landstrasse durch kleinste Dörfer, kaufen in einem winzigen Laden ein „Buke“, ein Brot. Der Ladenbesitzer freut sich sehr über unseren Versuch mit der albanischen Sprache. „Auf Wiedersehen!“ kontert er.
Über eine holperige Schotterpiste geht es hoch auf einen Bergkamm. Oben angekommen trifft uns das Unwetter. Der Sturmwind pfeift durch unseren Dachgepäckträger und peitscht den Regen horizontal über die Piste. Die verwandelt sich innerhalb von Sekunden in steinigen Schlamm. Wir halten Ausschau nach einem geschützten Platz am Wegrand. Und fahren dann doch noch bis runter in die Bucht. Eine sehr kleine Bucht, komplett im Windschatten. Ein gepflasterter Parkplatz, eine nasse Wiese, um uns herum eine Ferienanlage im Ökostil. Der Strand ist völlig von den tosenden Wellen überspült.

Wettertechnisch optimal, aber, was soll man sagen: es gefällt uns überhaupt nicht hier. Windstill hin oder her, nach dem Essen fahren wir wieder zurück in den Sturm, über den Bergkamm, durch die kleinen Dörfer und schnurstracks zur Lagune von Divjake. Morgen, bei besserem Wetter, könne man auf der Lagune kilometerweit auf dem Strand fahren, heißt es, das wär super! Die Strasse führt uns durch einen Wald, dunkel, neben dem Weg sumpfig. Zwischen den Bäumen hübsche, kleine Restaurants, gut besucht, stellen wir mit Erstaunen fest. Einmal rechts abgebogen und wir stehen am Beginn eines weiten Strandareals – Land unter so weit der Blick reicht, alles überschwemmt, hier hat der Sturm ganze Arbeit geleistet. Angela und Torsten sind da, wir stellen uns etwas weiter daneben in den strömenden Regen. Heute gehen wir nicht mehr aus dem Haus.

Das Wetter bleibt wechselhaft. Sobald sich die Sonne zeigt, gehen wir spazieren, nachmittags verabreden wir uns mit Angela und Torsten im Restaurant „Alkeo & Juli“ . Wir bestellen Wein und bekommen eingelegten Weißkohl, Paprika und Möhren als Tapas dazu. Zur zweiten Runde werden geschälte Mandarinen und Apfelschnitze gereicht. Ein schöner Abend, die Zeit vergeht im Flug und nachdem wir geklärt haben, daß wir mit Euro bezahlen können, bestellen wir Pizza. Die versinkt in Käse, schmeckt aber trotzdem sehr gut und wir bleiben noch lange sitzen und erzählen.
Bis zum Morgen haben sich die Fluten zurückgezogen, man erkennt den Strand wieder. Die erhoffte Sandfahrt wird aber trotzdem nichts, Einheimische berichten von tückischen Sandlöchern durch den aufgeweichten Boden und warnen vor einer Fahrt. Darauf soll man immer hören, so schwer es auch fällt.

Martin und ich erkunden eine Piste im Wald hinter dem Strand. Gut befahrbar, prima, auf diesem Weg soll unsere Reise weitergehen.

Aber vorher wollen wir nach Divjake zum einkaufen und haben Glück: es ist Markttag. Ein Bauernmarkt mit kleinen Tischen, jeder hat nur jeweils eine Kiste mit den Gemüsesorten, die er selbst anbaut. Schlicht und einfach. Richtig schön. Die Eierfrau hat nicht mehr als 20 Eier zu verkaufen. Ein Mann bietet zwei Sorten Schafskäse auf seinem Klapptisch an. Die Marktfrauen sind total begeistert von meinen Stoffbeuteln, deuten darauf und zeigen Daumen hoch und packen dann doch alles einzeln wieder in Plastiktüten! Ein Kampf, das Gemüse und Obst ohne Plastik zu bekommen! Für Paprika, Tomate, Aubergine, Zwiebel etc wird ein Pauschalpreis gemacht, wir kommen sehr günstig dabei weg. Ein paar Fischer haben jeder eine flache Kiste mit ca 10 bis 20 frischen Fischen vor sich auf dem Boden. Bald sind unsere Vorräte aufgefüllt, wir schleppen unsere schweren Einkaufstaschen zurück zum Steyr.


Auch diesen Abend verbringen wir mit Angela und Torsten bei Alkeo, zwei Holländer schließen sich uns an. Der 14-jährige Sohn serviert souverän und freundlich. Wir fragen, ob wir Wasser für die Lkws tanken dürfen: „no Problem, come tomorrow“. Pommes und Zaziki, Pizza und hinterher wieder Mandarinen und Äpfel als Nachtisch, anschließend noch sehr guten Kuchen, noch warm aus dem Ofen. Vor – und Nachspeise sind gratis! Ein langer, fröhlicher Abend, wir werden an der Tür von Chef und Sohn mit Handschlag verabschiedet.
Die nächste Tour werden wir mit Angela und Torsten zusammen fahren.
Nach dem Wassertanken am Morgen verabschieden wir uns herzlich von der Wirtsfamilie vom Alkeo. „ Falenteroj, lamtumire!“ Dankeschön und auf Wiedersehen! Falls ihr mal nach Divjake kommt, können wir einen Besuch bei Alkeo wärmstens empfehlen.

Die Waldpiste ist wunderschön, manchmal müssen wir kurz überlegen, wo wir am besten langfahren können. Martin biegt einen schlanken Baum zur Seite, der quer über den Weg wächst, damit Angela und Torsten durchfahren können. Die Strecke soll uns zu einem Damm führen, der auf 8 Kilometern Länge das Meer und die Lagune teilt. Aus dem Wald heraus überqueren wir die erste Brücke, biegen nach links, dann nach rechts und stutzen. Der Damm ist so gut wie vollkommen im Hochwasser versunken, gerade noch als Weg erkennbar, niedrige Büschel zeigen den Pistenverlauf an. Das ist ja völlig genial!

Begeistert machen wir uns auf den Weg, mal sehen, ob wir die gesamte Strecke fahren können, wie der Untergrund beschaffen ist oder ob alles irgendwann komplett im Wasser versinkt. Wenden können wir jedenfalls sicher nicht!
Nach wenigen Metern fühlen wir uns wie mitten auf dem See. Stellenweise ist der Untergrund nicht sichtbar, wie tief das Wasser ist, ist nicht zu erkennen. Es plätschert und gluckert, das Wasser spritzt unter unseren Reifen hervor, spannend, abenteuerlich! Torsten und Angela folgen uns mit einigem Abstand.
Langsam rollen wir durch diese unwirkliche Landschaft, nähern uns dann einer Brücke. Vier große Platten aus Beton, nicht besonders hoch über dem Fluss. Erstmal inspizieren. Die Armierung hängt stellenweise raus, wir befragen zwei Angler auf der Brücke. Einer spricht gut italienisch, wie sehr viele Albaner. Erst ist er zuversichtlich „si, si no problem“ mit der Brücke. Dann, als er hört, wie schwer wir sind, wird er skeptisch. „No, no, che non funziona, questo non e sicuro!“ – das geht nicht, das ist nicht sicher! Wir vier beraten uns. Für uns sieht alles stabil genug aus. Martin steigt in die Rappelkiste, der Angler verlässt vorsichtshalber die Brücke, aber sein Kollege bleibt stoisch sitzen. Locker drübergefahren, die Brücke hält auch noch den zweiten Lkw, tutto bene!
Alle winken und weiter geht die Seefahrt. Der Weg wird noch schlechter, ja, wo ist der überhaupt? Die Rappelkiste schippert uns gelassen durch die Fluten, links, rechts, geradeaus? Tja, ähm, mal sehen…..
Wir erreichen die dritte Brücke. Der Angler hatte uns schon gewarnt: „die wird euch sicher nicht tragen, sehr schlecht, sehr schlecht..“ Gemeinsam gehen wir die Brücke ab. Wieder Betonplatten, diesmal brüchig, mit Rissen und Furchen. Wir können nach unten zum Wasser durchsehen. Überall steht die Armierung raus. Die Brückenpfeiler angenagt von der Strömung. Ein Mann kommt aus einem etwas entfernt einsam im Wasser stehenden Haus herübergeschlendert, neugierig, das will er sich genauer ansehen. Martin befindet kurz entschlossen die Brücke als tragfähig und lenkt die Rappelkiste mutig über die Betonplatten. Bröckelt da der Beton?!

Nein, kein Problem!
Auch den Nilsson von Angela und Torsten trägt die Brücke anschließend noch ohne zittern und schwanken über den Fluss. Na, also!
Der Mann spricht ebenfalls gut italienisch, noch 1km sagt er, dann kommt eine gute Strasse. Weiter durchs Wasser. Mehr als zwei Stunden sind wir jetzt unterwegs, für gerade mal 7 abenteuerliche Kilometer. Der Weg wird etwas breiter. Rechts von uns entdeckt Martin einen trockenen, höher gelegenen Damm. Wir brettern querfeldein durchs nasse Gestrüpp auf diesen Sandweg, endlich im Trockenen! Neben dem Weg befindet sich eine große, flache Salzwiesenebene. Die letzten Meter führen uns zu einem Pinienwäldchen. Davor ein kleiner grasbewachsener Platz, gerade groß genug um unsere beiden Riesen darauf zu parken. Bald wird es dämmern, wir haben noch ca eine Stunde Sonne, spontan beschließen wir zu bleiben. Ein wunderschöner Platz mit weitem Blick nach Westen über das Marschland.

Lange sitzen wir draußen, lassen den fantastischen Tag Revue passieren und zischen im Sonnenuntergangslicht ein Bier….einfach genial!!!
Bis bald, liebe Grüße!

Julia & Martin
Drink positive!

2 Antworten

  1. Angela und Torsten

    Sehr schön geschildert!
    Die Lagunen – See – Fahrt war auch für uns ein tolles highlight in Albanien!
    Der kleine Film ließ uns wieder schwelgen!

    Weiterhin viel Spaß mit der Rappelkiste…!

    Angela und Torsten

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