Einreise in den Iran 17.11.2022 – 20.11.2022

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Das ist jetzt so eine Sache….Die Einreise in den Iran erfordert einige Besonderheiten. Zuerst installieren wir VPN, gleichzeitig schränken wir die Kommunikationskanäle ein. Alle Freunde sind verständigt, daß wir auf Sendepause gehen. Wir bitten alle, keinerlei Fragen zu Land und Leuten zu stellen und ganz besonders nicht zur politischen Lage. Weil unsere Freunde so sehr besorgt sind, werden wir uns jeden Tag auf Instagram melden, versprechen wir.

Unser Visum gilt 45 Tage, wie lange wir letztendlich im Land reisen werden, wird sich zeigen. An diesem eisigen Morgen um 7 Uhr geht´s los zur Grenze, ganz schön aufregend.

 

Die Ausreise aus der Türkei verzögert sich. Wir sind zu früh, um halb 8 Uhr sind die Zuständigen für die Fahrzeugkontrolle noch nicht da. „They still sleep…“erklärt uns die Dame von der Passkontrolle. Warten…….

Eineinhalb Stunden später sind sie eingetrudelt, dann geht alles sehr schnell. Und tatsächlich gibt es überhaupt kein Problem damit, daß die Honda Dax bei mir im Pass eingestempelt ist. Diese Wette verliere ich sehr gerne ….

Dank unseres Begleiters Rahman ist der Grenzübergang in den Iran einfach. „Hey Bro´ !“ begrüßt er Martin. Kompetent, schnell und sehr freundlich hilft er uns durch den Papierdschungel, eilt mit uns zu dieser und jener Stelle. Stempel, Stempel, Stempel, Fahrzeugkontrolle. „Please, sit down, wait a minute“ – mehr Stempel. Der Zettelstapel wird immer größer.

Ein aufdringlicher Mann will Geld tauschen zu einem unverschämten Kurs, Martin lehnt ab. Daraufhin schreit der Mann unseren Grenzguide an. Noch mehr Stempel von Männern in Zivil mit Schlagstock. Alle sind sehr freundlich ( bis auf den Geldtauscher )

2,5 Stunden Zettel einsammeln, stempeln, Zettel abgeben – dann:  Welcome to Iran!

Unser Begleiter hilft uns noch bei Sim Karte und Geld, dann verabschiedet er sich. Vielen Dank, wir empfehlen ihn gerne weiter!

 

Die Rappelkiste rollt durch den Iran! Wir sind aufgeregt und begeistert…Iran!!

Ich will Fotos machen, aber….Moment! Kann ich hier einfach so drauflosknipsen? Steht irgendwo ein offizielles Gebäude, daß zufällig mit aufs Bild gerät? Da muss ich ab jetzt immer sehr genau hinschauen….

Zuerst fallen uns die vielen Rundhauber Mercedes auf. In Top Zustand, ein Traum! Auf den Kreiseln, am Strassenrand viele Obst und Gemüsestände, Ladenzeilen entlang der Fahrbahn.

Über einen Damm geht es mitten über den Ourmieh See. Dieser war einmal der größte Salzsee im mittleren Osten. Durch Dürrejahre, Staudämme an den Zuflüssen und starker Grundwasserentnahme verlor er 10% seiner Größe. Seit 2019 füllt er sich langsam wieder.

Das Salzwasser spiegelt den Himmel

Eine Mautstation am Ende des Damms. Der Kassierer freut sich: „Where you from?“ Und wünscht uns anschließend:  „Viel Spaß!“ auf deutsch.

Platzsuche. Lange kurven wir am See entlang, in der Hoffnung auf einen Platz am Wasser. Aber das liegt uns alles zu nah an der Strasse. Zu sehr auf dem Präsentierteller. Irgendwo biegen wir ab und finden eine Schotterpiste zum Ufer. Einsam und still, nur – das Wasser ist nicht da….

Wunderschön hier….Bald beginnt die Dämmerung, es ist eisig kalt. Unsere erste Nacht im Iran…

Drinnen werfen wir unsere Millionen auf den Tisch…….Hah! Fette Kasse!

 

Wie verabredet informieren wir die Visum Agentur in Esfahan über unseren Standort.

Morgens versorgt Martin seine neue kleine Freundin „Urmi“, bevor wir uns wieder auf den Weg machen. Tschüß Urmi! Viel Glück!

Unser ursprüngliches Ziel war Tabriz, aber das lassen wir, lieber wollen wir raus aus der Kälte in den wärmeren Süden.

Gute Strassen. Mal schmaler, mal breiter, wir kommen gut voran. Wäre es nicht so winterlich kalt, würden wir an diesem schönen Fluss bleiben….

 

Große Spruchbänder zieren fast jede Wand. Die schlichten Häuser in den Dörfern bestehen aus Lehm oder Betonsteinen. Herbstwiesenfarbene Landschaft.

Immer wieder stehen große Plakatwände am Strassenrand, auf denen militärisch gekleidete Männer zu sehen sind.

Wir senden den ersten Instagram Gruß an alle zuhause. Uns geht´s gut.

 

Das Land ist ein Rundhauber Paradies

Vor den Bäckern warten Gruppen von Frauen auf Brot. Große recheckige Fladen werden paketeweise nach hinten durchgereicht.

Am späten Nachmittag biegen wir ab auf eine Piste zu einem trockenen Flussbett. Ein wenig hin und her, dann entscheiden wir uns für einen Platz zwischen abgeernteten Feldern. Etwa 500 Meter entfernt, am anderen Ufer, liegt ein Dorf. Es sieht völlig verlassen aus.

Mitnichten! Nach 3 Minuten kommt ein älterer Mann herüber und versucht ein Gespräch. Die persisch – deutsche Verständigung klappt so lala. Er wandert zurück, bleibt am Dorfrand stehen und wartet. Nicht lange und es sammeln sich immer mehr Menschen um ihn herum. Dieses Dorf ist ganz und gar nicht verlassen! Immer mehr Leute stehen am anderen Ufer und schauen zu uns herüber! Und dann setzen sich alle in Bewegung. Zu Fuß oder mit Autos, alle kommen rüber.

Bald sind wir umringt von freundlichen, fröhlichen Menschen, die alle ein Foto machen wollen. Eine junge Frau spricht etwas englisch. Es ist sehr lustig, alle lachen und giggeln und reden durcheinander, machen Fotos. Martin lässt die Kinder hinters Steuer. Super Stimmung!

Ein Mann steht etwas abseits und telefoniert. Und dann kommt die Polizei. „Passport, Visum!“ Gar nicht freundlich. Sie kassieren unsere Papiere ein. Martin spricht lange mit ihnen, während die Frauen mir noch die Kinder zum fotografieren an die Hand geben. Martin kommt zurück: „Wir sollen einpacken und mitkommen….“ Oh, das klingt nicht gut. Unsere Papiere behalten die Beamten, wir räumen zusammen und fahren dann hinter ihnen her, weg vom Dorf mit den freundlichen Leuten.

Wir sind besorgt, was wird das? Gleichen schnell nochmal alle Telefonnummern ab, die wichtig sein könnten, falls man uns trennt. Ein mulmiges Gefühl.

In einer Haltebucht an der Schnellstrasse stoppt das Polizeiauto. Wir steigen aus, ich werde sofort mit Handwedeln weggeschickt, zurück in den Steyr. Martin geht mit zum Pkw – ein ganz normaler, ziviler Wagen mit schweren Maschinengewehren im Fußraum. Er soll einsteigen – „Oh, no, thank you“ wehrt er entschieden ab. Die Beamten telefonieren und sehen immer wieder unsere Pässe durch. Es dauert, es wird lange mit Martin geredet, dann sehe ich ihn lächeln. Das ist doch ein gutes Zeichen, oder? Warten……

Endlich kommt Martin zurück – mt den Papieren in der Hand!!!

„Wir sollen mindestens 30 Kilometer weiter fahren. Nur innerhalb von Ortschaften parken, vor Restaurants, Hotels und Shops und nicht mit Leuten reden. Die waren jetzt sehr freundlich, wir haben lange über Fußball gesprochen, Schweinsteiger und so…“

Erleichtert starten wir die Rappelkiste. Im Dunkeln erreichen wir den nächsten Ort, Qhohort und parken dort in einer finsteren Strasse in der Nähe von kleinen Läden. Das ist weder schön, noch fühlt sich das Ganze wirklich gut an. Erst einen Tag im Land.

 

Früh um 7 klettern wir aus der Wohnkabine, unter unseren Schuhen knirscht das gefrorene Gras.

Eiskratzen

Der Steyr springt problemlos an, WRUMMM, die Heizung bollert, los geht´s.

Weites Land, der kurdische Teil von Iran

Heute wollen wir Diesel organsieren. Dazu müssen wir einen Lkwfahrer überreden, uns etwas abzugeben. Ohne Tankkarte bekommt man kein Diesel und Touristen bekommen keine Tankkarte. Die Preise liegen im Moment bei umgerechnet 2 bis 5 Cent pro Liter. Martin hält bei der nächsten Tankstelle, an der ein Lkw tankt und fragt nach. Nein, nein, er will nicht und der Tankwart kann uns auch nichts geben. Früher hatten die Tankstellen eigene Tankkarten, aber das scheint vorbei zu sein. Weiter.

 

Perfekte Vulkankegel, kleine Oasen und kilometerlang geradeaus.

Keine Lkws an den nächsten Tankstellen, also auch kein Diesel für uns. Da steht ein Bus! Abgebogen, nachgefragt…..nein, nein, geht nicht. Und so metern wir heute unsere Strecke ab, von Tankstelle zu Tankstelle. Niemand kann uns Diesel abgeben. Na Bravo! Ein einziger will uns etwas verkaufen, aber zu einem unverschämten Preis. So verzweifelt sind wir noch nicht…

In Hamedan machen wir nähere Bekanntschaft mit der speziellen Fahrweise der Iraner. Die Fahrbahnbreite wird 100% genutzt. Fahrspuren? Wozu? Warum nur 4 Fahrspuren, wenn auch 8 oder mehr Fahrzeuge nebeneinander passen? Schnell und wild entschlossen werden die Spuren gewechselt, außer uns blinkt hier niemand. Wo es geht, presst sich noch einer dazwischen. Chaotisch, aber wir sehen fast keine Karambolagen. Funktioniert!

 

Kein Diesel heute.

Nachmittags senden wir unsere tägliche Instagrammbotschaft für Familie und Freunde. Uns geht´s gut.

 

Eine weitere Begegnung mit Polizei möchten wir vermeiden. Zum Übernachten suchen wir deshalb einen Platz weit entfernt von Ortschaften, möglichst nicht sichtbar von der Strasse. Mit anderen Worten: wir versuchen, uns zu verstecken….

 

Ein Schotter/Sandweg führt weg von der Strasse zu hohen Bergen, wir rumpeln so lange über die Piste, bis wir von der Bildfläche verschwunden sind. Hoffen, nicht gesehen zu werden. Ein wirklich schöner Platz, grandiose Landschaft und ein fabelhaftes Licht….

Uns geht´s gut…..wirklich?

Entspanntes Reisen, Land und Leute kennenlernen, das ist für uns das Schönste. Hier ist das schwierig. Wir fühlen uns beide nicht wohl.

Später werden wir die Fenster verdunkeln, damit kein Licht verrät, wo wir stehen. Wir haben keine Angst um unsere Sicherheit, aber das Gefühl, dauernd aufpassen zu müssen, um Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen.

Es wird klar, daß wir keine 45 Tage bleiben wollen. Auf jeden Fall noch nach Esfahan und dann mal sehen…..

 

 

Um 6 Uhr früh dämmerts, keine Stunde später sind wir fahrbereit.

Diesel steht heute wieder auf dem Programm

Das nervt ganz schön: alle paar Kilometer anhalten, nach Diesel fragen, nein, okay weiter….Nach mehreren vergeblichen Versuchen haben wir endlich Glück und ein Tankwart gibt uns verstohlen seine Karte. 180 Liter Diesel rauschen in den Tank. Statt 2 Cent will er 20 Cent/Liter, unverschämt, aber wir zahlen.

 

Um halb 10 schlängeln wir uns durch den Verkehr von Esfahan zum Parkplatz des Abbasi Luxus Hotels.

Gut zu erreichen und fantastisch gelegen – hier steht die Rappelkiste sicher. Umgerechnet 15€ kostet die Nacht auf dem Parkplatz. Jetzt was essen und dann schauen wir uns Esfahan an.

Bis bald, liebe Grüße!

Julia & Martin

Drink positive!

Auf Instagram: Rappelkisteberlin

 

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