Zurück in Frankreich – Spanische Grenze bis Régalon

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Le Boulon in Frankreich, nah der spanischen Grenze. Schranken versperren uns die Zufahrt zu den Strandparkplätzen. Vor dem geschlossenen Camping gibt es einen eingezäunten Parkplatz für 15,-€ die Nacht. Zum Strand gibt es keinen Zugang, mehrere hundert Meter lang führt ein Pfad an Zäunen entlang zum Meer. Lockt uns nicht. Es beginnt ohnehin wieder zu regnen. Wir stellen uns für die Nacht vor den Bezahlparkplatz, kein Problem.
An der französischen Cote Catalan wird Wein angebaut, es ist Ostersonntag und wir statten der Winzerei St. Thomas einen Besuch ab. Feiertag hin oder her, die Cave hat geöffnet. Französischer Wein, so anders als der spanische, natürlich nehmen wir etwas mit. Immer wieder Regenschauer, Ostern wird komplett verregnen. Über die Feiertage wollen wir nach Leucate. Aus unersichtlichen Gründen ist der Parkplatz am Strand von Leucate gesperrt, wir weichen aus auf den Platz am Étang, dem großen See und schieben unseren roten Riesen zwischen die weißen Wohnmobile.

Das Wetter schlägt langsam auf die Stimmung. Kühl und nass, wenigstens der ewige Wind hat nachgelassen. Eine Markise kommt auf die Liste unserer Anschaffungen. Wollten wir eigentlich nicht am Wagen haben, aber mit Markise könnten wir jetzt auch bei Nieselwetter draußen sein. Unser Sonnensegel bewährt sich nicht. Praktisch geht vor Schönheit, beschließen wir.
Ein kurzer Fußmarsch am nächsten Tag führt hinein nach Leucate, das still der Sommersaison entgegen schlummert. Nichts los. Ein netter kleiner Ort, viele Geschäfte sind geschlossen, am großen Ortsplatz trinken wir zwei Likörgläschen Rotwein. Was kann man hier sonst noch machen? Aha, die Cave Coopérative de Leucate hat geöffnet. Bei einer Weinprobe kann man sehr gut etwas Zeit verbringen und sehr gute Rotweine von Fitou und köstlichen Minervois verkosten. Da werden wir was mitnehmen, bevor wir Leucate verlassen.
Zurück am Étang parken inzwischen ein sandfarbener Kat und ein armeegrüner Atego Offroad-Lkw. Wir sind nicht mehr alleine die Aliens!

Starke Windböen vertreiben über Nacht die grauen Wolken, wir trauen unseren Augen nicht: blauer Himmel, endlich wieder!


Auf dem See flitzen die Kiter und Windsurfer hin und her. Flachwasser, ein super Gebiet besonders für Anfänger. Wenn ich nur nicht so faul wäre….Endlich wieder ein ganzer Tag draussen in der Sonne, die Laune bestens, läuft doch! Wir kommen mit Michael und Peggy vom Atego ins Gespräch und verplaudern sehr nett einen Abend. Die beiden Offroad- und Windsurfanfänger sind mit ihrer Tochter unterwegs und leider schon am Ende ihrer Osterferienreise. Sehr schön, euch kennengelernt zu haben!
Donnerstag, grauer Himmel, Wind, seufz….

Der Motor läuft warm, heute geht´s weiter Richtung Camargue. Vorbei an den großen Étangs; rötliche, aus denen Salz gewonnen wird und graublaue mit großen Austernnetzen. Beinahe einspurige Strassen führen uns durch die herrliche Landschaft der Camargue. Schwarze Stiere, weiße Pferde und rosa Flamingos, wir hatten so sehr auf gutes Wetter gehofft, wollten doch so gerne ein paar Tage in Piémanson am Strand bleiben. Aber der Sturm fegt ungebremst seine Regenböen über die flache Landschaft und macht unsere Camargue-Träume zunichte. Wir schwenken nach Norden. In St. Gilles halten wir am Kanal neben den Hausbooten.

Es regnet weiter, was soll man bei diesem Wetter machen? Genau! Eine Weinprobe in der nächsten Cave Coopérative. Die Fahrt durch Frankreich entwickelt sich zu einer bacchantischen Reise von Winzerei zu Winzerei. Prima! Wir kosten uns durch die Weine der Costière de Nimes und Cote du Rhone, blanc, rosé et rouge, vorzüglich! Mal sehen, wo wir noch Platz in der Rappelkiste für unsere Einkäufe finden.
Nur 70 Kilometer sind es bis Uzès, einer unserer absoluten Lieblingsorte. Wir erinnern uns sehr gerne an unseren letzten Besuch:  Uzès
Diesmal umfahren wir Nimes weiträumig, denn bisher haben wir uns jedesmal in Nimes total verirrt. Über Poulx kommen wir durch die malerische, kleine Schlucht, die der Gardon durch die Felsen geschnitten hat. Der Fluss hat ordentlich Strömung, der viele Regen der letzten Tage hat ihn anschwellen lassen. Durch eine lange Platanenallee erhaschen wir erste Blicke auf Uzès. Auf einer Anhöhe thronend blickt es weit über die provencalische Landschaft. Bei schönstem Sonnenschein treffen wir mittags auf dem Weingut der Brüder Firmin ein und machen es uns fürs Wochenende gemütlich. Am frühen Abend probieren wir die Weiß- und Roséweine, die freundliche Dame erinnert sich an uns. „ Sie waren doch schon öfter da, das letzte Mal ist nicht lange her, im Herbst? Mit einem roten Lkw?“ Genau. So wie in St. Gilles bei der Coopérative haben wir auch hier bei Firmin ein „Compte“ – ein Stammkundenkonto.

Samstag, der große Wochenmarkt zieht sich durch die Strassen und Gassen der Altstadt, eine wunderschöne Atmosphäre. Kühl aber sonnig, wir schlendern herum, kaufen Croissants und Baguette. Für ein kleines Vermögen erstehen wir an verschiedenen Ständen Ziegen- und Schafskäse von regionalen Herstellern. Die Vielfalt ist unbeschreiblich! Die Stühle vor den Cafés und Restaurants sind besetzt, auf den Tischen schimmert der Rosé in den Gläsern, viele Leute haben große Sträuße Pfingstrosen gekauft. Der Markt in Uzès ist ganz sicher einer der schönsten in Frankreich.

Mit unseren Einkäufen setzen wir uns unter Platanen vor das Café de l`Hotel und genießen das Leben bei einem kühlen Rosé.

Am Nachbartisch trifft sich in großer Runde die deutsche Gemeinde von Uzès. Eine rothaarige Dame in Leopardenbluse und Schlangenlederimitathose berichtet ohne Punkt und Komma von ihren Marokkoabenteuern mit dem Wohnmobil. Ihr Begleiter hört wie gebannt zu, die anderen am Tisch mehr oder weniger auch, keiner kommt zu Wort. Ein Pärchen setzt sich dazu, er trägt ein „Coretex“ – T-shirt. Das „Coretex“ ist ein Plattenladen in Berlin in unserer Strasse zuhause, vielleicht sind wir Nachbarn?
Am späten Nachmittag probieren wir noch die Rotweine der Brüder Firmin und kaufen ein. Langsam bekommen wir ein Problem mit dem Verstauen. Die Nächte sind kalt, der Sonntagmorgen frisch. Wir spazieren durch die alte Stadt, es duftet aus den Bäckereien, die Cafés und einige Geschäfte haben schon geöffnet. Leute bummeln durch die Gassen, ihre frischen Baguettes unter den Arm geklemmt. Zum Mittag gönnen wir uns einen Rosé vor dem Café Esplanade, erstaunlich, der kostet am Sonntag 20 Cent mehr…Den Nachmittag verbringen wir damit, eine Fensterklappe zu reparieren, die sich nicht mehr verschließen lässt. Und dann heißt es am Montag schon wieder: Adieu Uzès! Wer weiß, wann wir wiederkommen, wir sind ein bißchen traurig.
Über Pont St. Esprit und Bollène fahren wir Richtung Nordosten, überqueren schließlich den Rhonefluss und erreichen über winzigste, romantische Strassen durch die Provence Richerenche. Ohne einen Besuch der „Celliers des Templiers“ in Richerenches können wir unmöglich weiter fahren. Die Winzer dieser Coopérative produzieren hervorragende Weine und unser „Compte“ verschafft uns günstigere Preise. Wir probieren ausführlich, kaufen ein, bekommen unsere Prozente und zum Schluss noch „Origine“ geschenkt, meinen Lieblingsweißwein.


Super! So, wohin jetzt? Das Wetter ist ausnahmsweise gut, abgesehen vom eisigen Mistral, wir wollen Richtung Apt, in den Luberon, noch etwas weiter südöstlich in der Provence. Wie wär´s mit wandern? Die Gorge de Régalon liegt ungefähr auf unserem Weg, eine Schluchtwanderung, prima! Wir starten Richtung Cavaillon. Traumhaft schöne Feldsteinbauernhäuser und Weingüter liegen inmitten kleiner Weinberge, die Lavendelfelder sind noch grün. Das mittelalterliche Aubignan hält Mittagsschlaf, am Nachmittag parken wir in der Nähe der Régalonschlucht. Es ist gerade mal 15 Uhr, da können wir noch loswandern. Der breite und bequeme Weg führt in den Pinienwald, nach einer halben Stunde erheben sich vor uns die ersten Felsen und wir gelangen in die Schlucht. Links und rechts ragen steil die Felswände empor, der Fluss, im Moment unsichtbar, hat in Jahrtausenden überall Auswaschungen hinterlassen. Hier muß das Wasser mal mit einer ungeheuren Strömung durchgerauscht sein. Wir kommen an eine Schranke. Ein großes Schild warnt vor den Gefahren des Wanderwegs, Steinschlag etc. Dahinter verengt sich bald die Schlucht, der Weg zwischen den Wänden wird schmaler. Ein riesiger Felsbrocken ist irgendwann abgestürzt und zwischen den Felsen steckengeblieben. Wir müssen gebückt drunter durch. In engen Kurven schlängelt sich der Weg, wir wandern durch eine dunkle Höhle. Und dann trauen wir unseren Augen nicht: aus der Höhle raus biegt der Weg scharf rechts ab und wir stehen vor einer knapp zwei Meter breiten Felsspalte. Die Felswände schießen 40 Meter in die Höhe, das Licht hier unten ist dämmerig. Das ist unser Weg! Also rein in die schummerige Enge, zuerst können wir noch die Arme ausbreiten, dann ist das auch nicht mehr möglich. Die hohen Wände schieben sich auf Schulterbreite zusammen, der Himmel über uns ist nur noch durch einen schmalen Schlitz zu sehen. Unheimlich, gigantisch, beeindruckend, großartig! Herabgestürzte Felsbrocken haben den Weg verschüttet, wir müssen richtig klettern. Einige Brocken sind in der Spalte steckenbeblieben, wir ducken uns drunter durch. Immer wieder abenteuerliche Kletterpartien, es wird so eng, daß mein Rucksack beim Klettern über die Felswände schrappt. Wir sind total begeistert! So was haben wir noch nie erlebt. Lange wandern wir über Stock und Stein durch die düstere Schlucht, hangeln uns über die Felsen. Schließlich öffnet sie sich ganz langsam wieder, der Weg wird eben und breiter und führt in einen Wald. Steineichen und Wacholder, dünne, verbogene Stämmchen, ein dichtes Blätterdach, ein Feenwald. Aus dem Wald heraus geht es durch dunkelrosa blühende Heide, auf einem Feldweg wandern wir stetig bergauf. Rosmarin, in voller Blüte, säumt den Weg, intensiv duftend, als wir mit den Fingern drüberstreichen. Nach über einer Stunde erreichen wir die Ferme Mallorques, im Sommer wohl eine Wanderhütte, jetzt steht sie verlassen inmitten hoher Wiesengräser auf dem Plateau. Ein Traumhaus. Nur eine kurze Pause, wir haben noch 3,5 Kilometer vor uns. Aber jetzt kann es eigentlich nur noch bergab gehen. Wir laufen über die Wiese und bleiben wenig später vor einer Felskante stehen. Soll das unser Weg sein? Tatsächlich! Bergsteigen abwärts ist angesagt! Steil über Felsen windet sich ein schmaler Pfad die Abbruchkante bergab. Nur langsam kommen wir vorwärts, die Felsen sind teilweise glatt und rutschig, wir müssen uns beim Abwärtssteigen gut festhalten. Ganz schön anstrengend. Endlich unten angekommen, haben wir noch 1,5 Kilometer bis zu unserer Rappelkiste. Ehrlich, wir hatten nicht mit einer so langen Wanderung gerechnet… Die letzten Kilometer wandern wir über eine Schotterstrasse an prächtigen Landhäusern vorbei bis Régalon, biegen nochmal auf einen Wiesenweg ab und sind müde aber glücklich zuhause. Uff. Was für eine wahnsinnig schöne Wanderung! Viel länger, als wir dachten und viel abenteuerlicher, als wir erwartet hatten. Große Klasse! Jetzt nur noch Liegestuhl und ausruhen…..

Ab 9 Uhr morgens füllt sich der Parkplatz an der Schlucht mit Wanderern. Große Gruppen, Familien, Freunde, viele Leute. Wie schön, daß wir gestern in aller Ruhe durch die Schlucht geklettert sind. Wir brechen auf, bei schönstem Wetter, erstmal Richtung Osten, ein Ziel haben wir noch nicht, mal sehen, was wir heute finden werden…..

Bis bald, liebe Grüße

Julia & Martin

Drink positive!

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