Argentinien – El Condor: 35.000 Vögel – Hitchcock live! 01.11.2024 – 03.11.2024

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Guten Morgen, sei gegrüßt, erster November!

Laut Vorhersage werden es wieder 34°C.

Wir erwarten heute zwei Lebensmittelkontrollen auf der Strecke und bereiten uns darauf vor. Alle Orangen werden zu Saft gepresst,  Gemüse haben wir kaum noch, ein Rest Butter im leeren Kühlschrank. Die Mandarinen liegen geschält in einer Tupperbox als Reiseproviant. Nüsse, Linsen, Sonnenblumenkerne, alles ist auf wundersame Weise verschwunden…..

Ebbe, Feuerland-Austernfischer suchen den Boden nach Eßbarem ab

Der patagonische Wind hält sich offensichtlich für einen hoch begabten Friseur…

Startklar? Joh!

Die Kabellage kreuz und quer über die Strasse ist genial. Und was ist hier los? Ach, klar! Monatsanfang, die Leute stehen Schlange vor der Bank. Durch die extrem hohe Inflation in Argentinien verliert jeder Peso täglich an Wert.

Bei „Los Hermanos“ kaufen wir die besten Media Lunas. Knusprig und frisch, so gut!

An der YPF Tankstelle fragen wir nach Trinkwasser für die Rappelkiste, aber sie haben keinen Schlauchanschluss.

Ein paar schöne Oldtimer am Strassenrand, zwei, drei leichte Kurven und Wellen lockern die Strecke auf…

Da kommt Lebensmittelkontrolle Nr 1.

„Hola, you have meat?“ „No.“ „Oranges?“ „No. But Mandarinas.“ Ich zeige die Tupperbox, der Kontrolleur winkt ab. „Birra?“ Häh? Wieso fragt der jetzt nach Bier? „Si, una Birra“ sagt Martin . „Okay, adios!“ winkt uns der Mann durch. Später merken wir, das er nach Pera – Birnen, gefragt hat, nicht nach Bier. Wir haben natürlich Birra verstanden, typisch!

Das lief doch prima!

 

Wo geht´s lang? Keine Frage…

Die zweite Lbm-Kontrolle kommt wenig später, aber hier ist niemand auf dem Posten. Umso besser!

Easy!

 

Achtung! Dahinten! Eine Kurve!

Am Himmel braut sich was zusammen. Die Bäume zeigen die Windrichtung

Dann erwischt uns ein Unwetter der Sonderklasse! Ein zorniger Wind erfasst die Rappelkiste, waagerecht peitscht der Regen über die Strasse. Ungebremst rast der Sturm über das flache Land, versucht mit aller Macht, uns von der Strasse zu drängen. Was zum Teufel ist das für eine Windstärke?!

Durch das kleine Seitenfenster drückt das Wasser hinein, Tropfen klatschen innen auf die Scheibe und das Dash, ich bin pitschnass. Wir würden am liebsten anhalten, aber das geht hier nicht. Horror!

10 sehr lange Minuten kämpfen wir uns durch diese Waschküche, dann sind wir durch, uff!

Eine Stunde später erreichen wir Viedma, am Rio Negro wollen wir heute übernachten. Ganz schön müde, Feierabend käme sehr recht.

Entlang des Ufers kurven wir zuerst nach Westen, vorbei an vielen Food trucks….kein guter Platz in Sicht. Also zurück…..

auch nix, nochmal zurück, vielleicht waren wir zu wählerisch….Nö. Ist einfach doof hier…zurück. Es wird nicht besser. Beraten.

„Bis El Condor sind es noch 30 Kilometer“ sagt Martin, hundemüde. „Komm, das fahren wir noch“ beschließen wir.

Balnearios El Condor, ein kleiner Ort am Meer. Berühmt für die größte Kolonie Felsensittiche weltweit. Am Ende der Strandstrasse finden wir genügend Platz für die Rappelkiste, Feierabend!

Und da kommt auch noch die Sonne!

Über uns kreisen hunderte Felsensittiche und plappern vor sich hin, lebhaft und laut! Ca 35.000 Sittiche leben hier. Die Argentinier nennen sie Loros.

Erstmal eine Pause…dann wandern wir nochmal los zu den Klippen, in denen die Loros ihre Höhlen gebaut haben, keine 100 Meter entfernt.

Umwerfend! Was da los ist! Ein Geflatter und Gezwitscher. Das Fotolicht ist nicht das Beste, aber das ist uns egal..

 

Völlig fasziniert stehen wir vor den Klippen und schauen zu. Bis zu vier Meter tief in den Felsen hinein graben die Sittiche ihre Höhlen.

Erst im schwindenden Sonnenlicht gehen wir zurück nach Hause

 

 

 

Inzwischen ist der Parkplatz voll geworden. Leute stellen ihre Stühle auf den Bürgersteig und schlürfen ihren Mate Tee. Die Luft ist erfüllt von Sittichgeschnatter und Flügelschlagen

Wir sitzen auf der Treppe und genießen das Spektakel, neugierig von oben beäugt

Eben noch so friedlich zu zweit auf dem Pfosten, gibt es plötzlich Kabbelei

Die beiden verteidigen erfolgreich ihren Aussichtsturm. Die Paare bleiben ihr Leben lang zusammen

Wir freuen uns auf morgen!

 

5 Uhr 25, die Loros sind aufgewacht, schwärmen aus und erzählen ihre Guten-Morgen-Nachrichten. Was für ein Lärm!

Der Wind ist kühl heute, entlang der Strandpromenade wandern wir ins Dorf auf der Suche nach einer Bäckerei.

Herrliche Blumen wachsen hier…

Dazwischen Falter, gut getarnt mit gestreiften Fühlern, eine Schönheit

Großflächige Murales protestieren gegen Ölbohrpläne im Golf

Diese Eiscreme – Skulptur ist vielleicht nicht die beste Werbung….

Ein Geschäft hat Totenkopf-Sandförmchen im Angebot. „Wow! Was kosten die?“ Wir schauen mal rein. Im Regal reckt sich uns ein süßer schwarzer Teufel entgegen…..

Die Sandförmchen sind uns doch zu teuer. Und die Sonnenschirme? Noch viel viel teurer….ojeh…

Wir finden eine Bäckerei und einen kleinen Mercado, der frische! grüne Bohnen anbietet!! Lange nicht gesehen! Egal, was kost, her damit!!!

Vor den Häusern stehen Müllkörbe auf hohen Stelzen

Hier eine fröhliche Wandmalerei

Leuchtendrote Flaschenbürstenbäume schmücken die Strassen, sehr hübsch

Beim Camping fragen wir nach, ob wir Wasser tanken dürften? No problem!

Der kalte Wind wirbelt uns Sandkörner ins Gesicht, dies und ein ordentlicher Frühstückshunger treiben uns heimwärts.

 

Die Ebbe legt scharfzackige Felsen frei, in den Tidenpools gurgelt das Wasser, mein langer Schatten begleitet mich auf der Fotosafari

Ist das eine Auster?

Als ich eine kleine weiße Schnecke aus dem Wasser hebe, schnalzt mir eine dunkelgrüne Zunge entgegen. UUUÄÄÄÄHHHH!!! Schnell fallen lassen! War das jetzt echt? Oder hab ich mir das eingebildet?

Die Loros schwärmen aus zur Abendrunde.

Ein mutiges, kleines Vögelchen setzt sich zu uns und wünscht uns Guten Abend.

Superschön hier!

 

Morgens um 6 stapfe ich wieder los zu den Loros.

 

Ihr Sirren und Zwitschern erfüllt die Luft

Gebannt stehe ich vor den Felsen und schaue zu

Die Morgensonne lässt ihre Federn und Farben leuchten

 

Ein steiler, weichsandiger Pfad führt die Klippe hinauf. Mühselig, bergauf zu kraxeln….

Oben stehen Bänke neben Sittichschnäbeln aus Holz

Was für ein Blick….

Noch weiter oben thront der 137 jahre alte Faro Rio Negro – aber der leuchtet nicht mehr….

Vorbei an spitzen Stacheln windet sich der Pfad bis zum Denkmal für die Falklandkriegsveteranen. „Malvinas son Argentinas“ liest man auf Schildern überall im Land.

Mehr gerutscht, als gelaufen geht es wieder hangabwärts und noch mal zum Meer hinaus

Platsch! fällt mir meine Teetasse ins Watt, na bravo!

Viel mehr gibt´s nicht zu sehen….

ich geh mal nach Hause…

 

Eigentlich wollten wir heute eine Ausfahrt mit der Dax machen. Am Strand entlang der Klippen. Aber der Wind wird immer abscheulicher, so fällt das aus. Schade. Stattdessen ein Drinnentag.

Sonnenuntergang, über uns ziehen die Felsensittiche ihre Kreise und erzählen sich die Erlebnisse des Tages. Jeden Abend kommen Leute zum Strand und sehen den Sittichen zu. Heute bleiben alle in ihren Autos und schlürfen dort den unvermeidlichen Mate Tee.

Wir setzen uns nochmal raus, finden etwas Windschutz hinterm Steyr. Im Minisupermercado gab es Gin Tonic in Dosen, genau das Richtige für den Abend.

Morgen ziehen wir weiter südwärts

Liebe Grüße, bis dann!

Julia & Martin

Drink positive!

Auf Instagram: Rappelkisteberlin

 

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