Saudi Arabien: Al Ula, Maraya Spiegelhalle, Steinpilze, Vulkane und ein Kamelfriedhof 17.04.2023 – 18.04.2023

Veröffentlicht in: Aktuell, Allgemein, Saudi Arabia | 0

Al Ula, die uralte Stadt an der Weihrauchroute, einst Handelsplatz der Karawanen, heute eines der Hauptprojekte der „Vision 2030“ von Kronprinz Mohammed. Um unabhängig von Erdöl zu werden wird viel Geld und Energie in Tourismus investiert. Zum Beispiel in die Restaurierung der zerfallenen Lehmhäuser der Altstadt von Al Ula. Das wollen wir uns ansehen.

Die Oase liegt wunderschön zwischen roten Felsen. Palmen und Stockrosen schmücken die Strassen.

Eigentlich müsste jetzt Hochsaison sein, aber außer einigen Männern in Warnwesten ist niemand zu sehen. Zuerst denken wir an Bauarbeiter, aber dann wird uns klar, daß die Männer allesamt Stadtführer sind, die auf Touristen warten. Und wie es scheint, sind wir die einzigen im Moment….Ohje….

Allein durch die Altstadtgassen zu schlendern ist wohl ausgeschlossen, die Männer werden sich begeistert auf uns stürzen, um ein paar Rial zu verdienen. Schon wird gewunken und gerufen, wir steuern erstmal weiter in die Stadt hinein.

Ladenzeilen mit kleinen Geschäften, alle geschlossen.

Eine Tankstelle mit Benzin für die Honda Dax, Martin weckt einen der Tankwarte, die neben den Zapfsäulen im Schatten dösen. Eine selten blitzsaubere Autowerksatt, Reifen in bunte Folie verpackt – Riesenbonbons für Autos. Ein Geldautomat, endlich können wir uns wieder etwas Bargeld beschaffen.

Ein kleiner Supermarkt hat geöffnet. Im Gemüseangebot nur Großgebinde, in Plastik verpackt. Wir brauchen keine 2kg Auberginen und 3 kg Tomaten….Al Ula macht es uns nicht leicht. Von Wüstenoasencharme und Altstadtflair noch ziemlich weit entfernt.

An den winkenden Stadtführern vorbei verlassen wir die Stadt. Stadtauswärts sehen wir die zerfallenen Lehmbauten, auf dieser Seite wird wohl nichts mehr restauriert. Regen und Wind fügen die einstigen Mauern langsam wieder in die Landschaft ein, keine Altlasten, kein Sondermüll, perfektes Baumaterial.

Nicht weit von Al Ula steht im Ashaar Valley ein spektakuläres Gebäude. Maraya – die verspiegelte Konzerthalle.

Wir halten vor der Schranke, die Zufahrt zum Ashaar Valley ist gesperrt. Der Torwärter kommt zu uns und fragt ob wir Tickets haben. Nein….Martin erklärt, daß wir aus Deutschland kommen und uns so gerne das berühmte Spiegelhaus ansehen möchten. Und ein paar Fotos machen für die Freunde in Europa. Hm…überlegt der Torwächter: „wie lange braucht ihr dafür?“ „Twenty minutes! Nur 20 Minuten!“ rufen wir.

Okay! Er schärft uns noch ein, daß wir nicht direkt vor dem Gebäude parken sollen sondern auf dem Parkplatz. „Twenty minutes“ sagt er und öffnet die Schranke. Super!

Schon die kurze Fahrt durch das Ashaar Tal ist wunderschön. Aber der erste Blick auf die Maraya Konzerthalle toppt alles:

Fast 10.000 Quadratmeter Spiegelfläche lassen die Fassade mit der Landschaft verschmelzen. Unwirklich – ein Bild im Bild

Verwirrende Perspektiven.

Am Eingangsportal ein starkes Echo, Martin testet die Lautstärke

Geht man ganz nah ran, kann man durch die Spiegel ins Innere linsen

Das größte verspiegelte Gebäude der Welt!

Wir sind begeistert! Im Abend- oder Morgenlicht muss es noch fantastischer sein als jetzt. Aus 20 Minuten sind längst 40 geworden, wir wandern zurück zur Rappelkiste. Wie gerne würden wir hier auf dem Parkplatz stehen bleiben und einfach nur dem sich verändernden Licht zuschauen.

Stattdessen sausen wir zurück zum Torhaus, wir wollen den freundlichen Torwächter nicht noch länger warten lassen. Er winkt uns fröhlich hinter seiner dunklen Scheibe zu „Bye bye!“

 

Wir folgen den Schildern nach Hegra, der Totenstadt der Nabatäer. In den Sandstein gehauene Totenhäuser, ähnlich denen in Petra, Jordanien, aber sehr viel mehr und dafür kleinere Gebäude. Die Nabatäer glaubten, das man im Sand begraben einfach vergeht, aber im Stein ewig existiert. Die Hinweisschilder vereimern uns: erst sollen wir geradeaus, dann U-turn, dann wieder U-turn, irgendwas stimmt hier nicht. Nach einigem Hin und Her geben wir auf. Hegra schauen wir uns nächstes Mal an.

Die Landschaft um Al Ula ist geprägt von Felskegeln, Balancekünstlern und Säulengruppen.

Plötzlich sind die Berge nicht mehr reiner Fels sondern mit Schotter bedeckt.

Wir schrauben uns hoch auf 1323 Meter,ein kräftiger Wind pfeift über die Ebene

Das sieht doch schon wieder nach Regen aus. Eine Herde Kamele läuft vor der herannahenden Rappelkiste davon – alle, bis auf eines. Das bleibt eisern stehen. Nanu? Das Mündchen zu einem spitzen OH! geformt, ein peinlich berührter Blick und eine wackelnde Unterlippe, so schaut es uns an. Achso…..lass dir Zeit, wir warten so lange bis du fertig gepinkelt hast…

Mit einem süßen Grinsen verabschiedet sich das Kamel und latscht davon.

Wenig später verlassen wir die Hochebene.

300 Kilometer stehen für heute auf dem Tacho, das reicht. Ein Felsbrocken etwas abseits der Strasse bietet sich als Windschutz an, dort werden wir übernachten.

Wir schicken den Standort an unsere Freunde, die sich in der Nähe rumtreiben. In der Nähe bedeutet in Saudi Arabien im Umkreis von 300 Kilometern. „Ah!“ antwortet Totti „bei den Mushrooms!“ Was für Mushrooms? Mal nachforschen. Oh! Ein Riesensteinpilz steht ungefähr 500 Meter hinter uns. Glücklicher Zufall, das wir hier geparkt haben. Das schauen wir uns morgen an. Am Horizont die Lichter von Aburakka, der Wind ist müde geworden, wir beide ebenso.

Gute Nacht!

 

 

Guten Morgen!

Ganz gemütlich, erstmal hell werden lassen, dann wandern wir los zum Pilz.

Zuerst eine Düne hoch, aber danach ist der Weg fest, wir hätten auch fahren können. Am Felsblock die Reste eines Festmahls, die zähen Wüstenpflanzen werben um Insekten, welche Tiere leben hier im Boden? Wüstenmaus? Ameisen?

Immer wieder faszinierend, die glatten Abrisskanten der großen Felsbrocken. Messerscharf abgeschnitten. Was ist da passiert, das das ehemals flüssige Gestein sich so scharfkantig voneinander getrennt hat?

Da ist der Pilz! Gigantisch!

Unglaublich, wie der Fels auf seinem geringelten Beinchen balanciert. Wunderschöne Farben. Um den gewaltigen Schirm sirren Schwalben.

Anscheinend machen Leute manchmal Picknicks unter dem Pilz – niemals würden wir uns darunter setzen! Viel zu instabil wirkt das Ganze. Steht zwar seit ein paar Millionen Jahren, aber was, wenn er ausgerechnet jetzt umfällt?!

Wir überlassen das Feld den Vögeln und wandern zurück.

Eine große Heuschrecke sitzt auf dem Boden, kaum zu erkennen

Ein Suchbild:

Vorbei an einem Brunnen, da vorne steht die Rappelkiste

 

 

Wir sind wieder unterwegs.

Roadway End? Strasse zuende? Etwas verwirrend, aber es geht weiter durch die grandiose Felslandschaft

In Aburakka wollen wir einkaufen.  Wunderschön in einer Palmenoase gelegen, aber was für ein Kaff. Kleine Häuser, wie üblich fast ohne Fenster wegen der Hitze, kein Markt zu sehen, kein Mensch auf der Strasse, außer dem dösenden Tankwart.

Im nächsten Ort sieht es ähnlich verschlafen aus. An der Kreuzung müssen wir entscheiden: den geplanten Weg weiter geradeaus? Oder abbiegen nach Tabuk, in die große Stadt? In Tabuk gibt es einen Lulu Hypermarket –> große Auswahl und frisches Obst und Gemüse –> die Entscheidung ist gefallen.

Eine Achterbahnfahrt, in Wellen hinauf und hinab. Zuerst durch rote Felsen, dann durch hellbraune Landschaft

Kaum ein Gras, ein paar stachelige Büsche. Im Sommer muss es unerträglich heiß sein. Wovon leben die Menschen hier?

Vulkane, an den Hängen seltsame Steinkreise….die Reste von erloschenen Kratern? So karg, dazu 32°C und heißer, trockener Wind…

Eingezäunte Flächen, in den Zäunen hängt Müll. Wir nähern uns der Provinzhauptstadt Tabuk, fast 600.000 Menschen leben hier

Der Lulu Hypermarket ist die Erfüllung unserer Einkaufsträume: klimatisiert, exzellent sortiert, eine Wohltat bei der Hitze draußen. Wir decken uns ein mit Obst- und Gemüsebergen, schlendern am 0,0% Bierregal vorbei. Die Auswahl an Limonadenbier ist groß, aber sowas kommt uns nicht in den Einkaufswagen, wir bleiben bei classic.

Und jetzt nix wie raus aus der Stadt. Am Strassenrand wird Heu verkauft, die großen Kamelherden finden nicht genug Futter in dieser Gegend.

Wir sollten bald einen Übernachtungsplatz finden. Bei der nächsten Gelegenheit biegen wir von der Landstrasse ab auf eine Piste.

Aber was ist das denn für ein Platz?!

Überall, wirklich überall liegen Kamelkadaver und bleiche Knochen herum! Kamele in jedem Verwesungszustand. Scheint der Abladeplatz für tote Tiere zu sein.

In diesem Gruselkabinett übernachten wir nicht.

Wenig später haben wir mehr Glück. Einfach rein in die Prärie, ein weites Sandareal abseits der Strasse, viel besser. Ein paar sehr lebendige Kamele besuchen uns, zum Sonnenuntergang treibt der Hirte seine Herde mit dem Toyota zum Pferch.

Wir zischen uns ein lauwarmes Holsten 0,0% Classic. Unsere Freunde stehen nicht weit von hier, keine 40 Kilometer. „Wir warten auf euch“ schreiben sie. Super! Dann sehen wir uns morgen!

Bis dann, liebe Grüße!

Julia & Martin

Drink positive!

Auf Instagram: Rappelkisteberlin

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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