In einem Minimercado mit struppiger Angorakatze auf der Ladentheke erstehen wir kaltes Wasser für die Fahrt.
Unser Ziel ist Puerto Ingles, an der Einfahrt zum Rio Uruguay, etwa 60 Kilometer entfernt. Grüne Wiesen, kleine Farmen und Landschulen, riesige Silos und Pferde, ganz wunderschöne Pferde. Palominos, goldglänzende Falben, Rotschimmel und Apalooza – das Pipi Langstrumpf Pferd – und Paint horses in allen Varianten, ich gerate ins schwärmen….
Die Fahrtrichtung heute mal auf spanisch beschrieben: siempre de frente….
Am Horizont taucht kurz vor Puerto Ingles eine große Fabrik auf. Hm…das sieht ja nicht so gut aus.
Der Strand liegt 3 Kilometer davon entfernt und ein komischer Geruch liegt in der Luft. Bleiben oder nicht? Kurze Beratung.
Wir sind eindeutig zu müde zum weiterfahren. Und es ist schön hier am Rio. Also bleiben. Während der Beratung hat sich der Geruch verzogen. Entweder hat die Windrichtung gewechselt oder wir nehmen es nicht mehr wahr, Gewöhnungseffekt.
Etwas später rollt ein monströser kanadischer Campertruck an den Strand und parkt in der Nähe. Cathy und Jeff, auf dem Rückweg von ihrer Panamerikana Tour.
Abends knattert ein Moped heran. Darauf ein bewaffneter Mann, „Prefectura“ steht auf seiner schusssicheren Weste. „¿Hablas espanol?“ fragt er, wir verneinen. Er zückt das Telefon, tippt in die ÜbersetzerApp. Aha…wir dürfen hier nur tagsüber stehen. Gleich nebenan sei ein Camping municipal, dort dürfen wir übernachten. Er ist sehr höflich und freundlich.
Nur 100 Meter weiter stellen wir Rappelkiste auf dem offiziellen Übernachtungsplatz ab. Toll, das sie diesen Platz anbieten und wir nicht weiterfahren müssen.
Neben dem Truck von Cathy & Jeff sieht Rappel richtig klein aus…
Die Sonne ist inzwischen hinter grauen Wolken verschwunden.
Als wir kochen, klopft eine junge Frau und warnt uns: es soll ein schwerer Sturm kommen, Bäume könnten umstürzen. Danke für die Warnung, sehr freundlich. Jeff checkt die Lage, unwahrscheinlich, das uns Bäume aufs Auto fallen. Martin konsultiert den Windfinder – keine Sturmwindgeschwindigkeiten angezeigt. Also kein Grund zur Sorge.
Und so ist es dann auch: eine ruhige Nacht mit etwas Regen.
Wir starten nach Fray Bentos. Immer schön geradeaus.
Das Land ist wunderschön grün, das Getreide wiegt sich im Wind, wird langsam reif. Überall verstreut liegen kleine Farmen, das ist hübsch.
Seltsame Rieseneier hängen an den Bäumen, es sind Vogelnester. Welche Vögel bauen so etwas?
Du meine Güte! Ist das da hinten eine Kurve? Wie aufregend!
Schrottplätze voller Schätze. Die alten Rundhauber findet man dort sicher nicht, die sind nicht kaputt zu kriegen. Stabil und zuverlässig, gebaut für die Ewigkeit. Hier fahren noch viele schöne Exemplare.
Manchmal sind die Häuser auch noch kleiner
Bei Mercedes überqueren wir den Rio Negro und erreichen wenig später Fray Bentos
Fray Bentos ist vor allem durch die alte Fleischfabrik bekannt. Die Unesco hat das Gelände zum Weltkulturerbe erklärt.
Justus von Liebig entwickelte in den 1840er Jahren seinen weltbekannten Fleischtrank. 1862 bot ihm der Unternehmer Gilbert eine Zusammenarbeit in Uruguay an. In Fray Bentos wurden bis in die 1940er Jahre Millionen von Rindern zu Fleischtrank, Brühwürfeln und Corned Beef verarbeitet. Deutsche und Engländer arbeiteten während des ersten Weltkriegs friedlich zusammen um die jeweiligen Truppen von Uruguay aus mit Fleischkonserven zu versorgen, jeweils unterschiedlich ettiketiert. Danach ging das Unternehmen in britischen Besitz über, aber die deutsch-englische Zusammenarbeit hielt auch während des zweiten Weltkrieges an. Futter für die Schützengräben
Vielleicht können wir auf dem Museumsparkplatz übernachten, wir fahren mal hin
Durchfahrt erlaubt, wir rollen am Verladehafen und dem Schlachthaus vorbei. Da drin spuken um Mitternacht sicher unzählige Rindergespenster……
Im Park wandern Pferde frei herum und grasen friedlich.
Typisch, das sie sich erst knapp vor der Rappelkiste entschließen, doch noch schnell über die Strasse zu traben.
Was ist mit dir, Schneeweißchen? Willst du da stehenbleiben? Na also, geht doch….
Wir schauen uns ein paar mögliche Plätze an, können uns aber nicht entscheiden….Manchmal ist das so. Also weiter durch den Park, an einer schicken Villa und den bewohnten Arbeiterhäuschen vorbei
wieder zurück zur Stadt. Auf einem Picknickplatz am Ufer des Rio Uruguay stellen wir schließlich den Motor ab.
Schön hier. Aber diese Wolken verheißen nichts Gutes. Vorsichtshalber checken wir die WetterApp. Die Vorhersage ist miserabel: starke Regenfälle und Sturmwarnung. Das ist uns so nahe am Ufer nicht geheuer. Also weiter…
Hinauf in die Stadt. Oberhalb des Amphitheaters der nächste Versuch am Strassenrand. Auch nicht so toll. Wir brauchen eine Pause und Brot auch, also gehen wir mal ein paar Schritte
Ein paar Blocks entfernt befindet sich ein kleiner Markt mit allem was wir brauchen
Oh! Wir sind im Fernsehen!!
Nach dem Einkauf weiten wir den Stadtrundgang noch etwas aus
Gerade zurück bei Rappelkiste klatschen uns dicke Tropfen auf die Köppe. Schnell rein!
Was nun?
Zurück zur Fleischfabrik.
Was wurde in diesen Tanks gelagert? Wasser? Blut? Fleischextrakt?
Wir kurven übers Gelände, es regnet mehr und mehr. Schließlich landen wir genau an dem Platz, der schon bei der ersten Runde heute Nachmittag am besten aussah. Feierabend auf der Pferdewiese mit Blitz, Donner und kübelweise Regen.
Guten Morgen! Die Pferde sind schon beim Frühstück. An diesem einstigen Ort des Grauens geht es heutzutage ruhig und friedlich zu…
Ein Esel fragt schüchtern, ob er mit aufs Foto darf? Klar! Selfie-time!
Danach schaut er sich eine Weile die Rappelkiste an. Ist der süß!
Wir sparen uns das Museum und machen uns startklar für Argentinien!
Da wir unsicher sind, wie die Lebensmittelkontrolle an der Grenze abläuft, pressen wir unsere Orangen und Mandarinen zu Saft, trennen uns schweren Herzens vom letzten Stück Rotkohl und dem letzten Rest Butter.
Während ich im Lädchen von gestern frisches Brot hole, plaudert Martin aus dem Steyrfenster heraus, fröhlich mit zwei älteren Uruguayanern. Alle Leute hier sind sehr freundlich. Und immer: „Alemania! Gut!“ Daumen hoch.
Ab zur Grenze, nur wenige Kilometer. Da sind wir schon….
Wir sind etwas angespannt wegen der uns fremden Lebensmittelkontrolle.
Mal sehen……
Es folgt der mit Abstand einfachste Grenzübergang außerhalb der EU den wir je hatten! Eine halbe Stunde für die Aus – und Einreise! Rekordzeit.
Zuerst zu einer kleinen Bude, dort werden die Papiere kontrolliert, wir bekommen einen Zettel. Weiter zu Bude Numero Uno.
Fahrzeug- und Lebensmittelkontrolle. Es dürfen kein Obst, kein Gemüse und keine Milchprodukte eingeführt werden. Ein junger Mann klettert in den Shelter, lässt sich von Martin den leeren Kühlschrank und zwei Schränke öffnen, schaut unters Bett – finish.
Weiter zu Bude 16. Dort wird das Einfuhrpapier für die Fahrzeuge ausgestempelt und fotografiert. „Buen viaje!“ Ausgereist aus Uruguay.
Zurück zu Nr 1. Einreise Argentinien. Passport, Einfuhrpapiere für Steyr und Dax werden ausgefüllt, wir bekommen 180 Tage Aufenthalt. Wow! Das ist doppelt so lange wie üblich! Danke! Stempel drauf.
„No stamp in Passaporte?“ frage ich. „No“ lächelt der Grenzer. Schade! Echt langweilig die digitale Welt.
„Finish, welcome to Argentina!“ Alle sind sehr nett und sprechen englisch. Sehr angenehm.
Noch den Laufzettel beim Schlagbaum abgeben und wir sind in Argentinien!
Und die gefürchtete Lebensmittelkontrolle? Easy!
Adios Uruguay, Danke für das herzliche Willkommen! Wir sehen uns im Herbst!
Krass! Wir fahren durch Argentinien!
JIPPIEH!!
Liebe Grüße, bis bald!
Julia & Martin
Drink positive!
Auf Instagram: Rappelkisteberlin
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