Griechenland: In die argolischen Berge – auf die Piste!

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Wir sitzen beim Frühstück, als es draußen kurz und energisch hupt. Ich schaue aus dem Fenster. Oh! Die Polizei parkt neben uns. Seit 2 Nächten stehen wir in der Karathona Bucht. Erzählungen zufolge kassiert die Polizei hier gerne mal 300,-€ pro Person, wenn man übernachtet. Bis jetzt fuhr der Streifenwagen immer vorbei, man hat sich freundlich zugewunken.

Ob wir mal bitte aussteigen können? Martin geht zum offenen Fenster des Polizeiautos. Sehr freundlich und in sehr gutem englisch erklärt der Beamte, daß wir gerne tagsüber parken dürfen. „Ihr könnt eure Campingstühle auf dem Strand aufstellen und den ganzen Tag bleiben, aber nachts müßt ihr wegfahren.“ Okay, alles klar, wir essen nur noch und sind gleich weg. „No problem“ sagt der Beamte und verabschiedet sich. Super! Von Bußgeld keine Spur! Und wir wollen ja sowieso heute weiter. Noch Wasser tanken und los.

 

Wir fahren ostwärts, am Ufer des Drepano Sees entlang. Vor der Ebene von Iria schwenken wir ins Landesinnere. Kleine Felder mit Kohl, Salat, Artischocken. Hier ein paar Olivenbäume, dort ein paar Orangen, nicht so gigantische Plantagen wie sonst. Sehr ländlich und schön.

Ungefähr 1 Kilometer nach Karnezeika biegen wir ab zur Piste. Zuerst noch Asphalt, dann Lehmboden mit Steinchen. Der Weg ist schmal, aber okay, nur – noch enger sollte es möglichst nicht werden. Olivenbaumzweige streifen die Rappelkiste, zum Glück sind sie schon abgeerntet. Es geht stetig bergauf, parallel zu einem Fluss, den wir aber nicht sehen können. Irgendwo da rechts unten….

20 Minuten Geholper über Stock und Stein. „Ich seh´das Kloster!“sagt Martin. Wo? Oh, hoch oben in den Felsen. „Da müssen wir hoch?! Da bin ich ja mal gespannt!“ Allerdings, das wird interessant.

Um eine Felsecke herum führt die Piste in einen Tannenwald, es geht plötzlich steil bergab hinunter zum Fluß. Serpentinen führen hinab zu einem schmalen Betonbrücklein.

 

Ein uralter, verknurzelter Baum steht am Ufer, auf der Brücke wir machen eine kurze Pause.

 

 

Weiter, eine ausgewaschene Lehmpiste nun wieder steil bergauf, wir fahren Schlangenlinien, Tannenzweige klatschen auf die Frontscheibe.

Was für eine Kurbelei. Wir wackeln und schwanken, rumpeln über ein Hochplateau mit leuchtend grünen Wiesen und schlingern anschließend wieder in den Wald. Eine tolle Strecke!

Strommasten zeigen an, daß wir nicht mehr weit von dem Kloster entfernt sein können. Und richtig: nach einer knappen Stunde abenteuerlicher Pistenfahrt stellen wir die Rappelkiste auf der Wiese vor dem Agios Dimitrios Kloster ab. Oben angekommen!

Die Besichtigungszeit des Klostergebäudes haben wir knapp verpasst, aber das Tor auf´s Gelände steht offen.

Auf 400 Metern Höhe an den Fels geklebt, ist das Kloster ein einsamer, abgeschiedener Rückzugsort mit traumhaftem Blick. Es ist deutlich kühler hier oben. An einer kleinen Kapelle stehen Bänke, wir lassen die Stille und die Aussicht auf uns wirken. Man sieht bis zum Meer und einen Teil der Piste, die wir heute gefahren sind.

Hier könnten wir auch toll übernachten. Aber es soll nachts regnen und dann wird die steile Lehmpiste seifigglatt und rutschig. Muß nicht sein. Schade.

 

 

Wir machen uns wieder auf. Der Weg ist zuerst breitgewalzt und komfortabel, dann wird es feucht und matschig, Wasser steht in den Pfützen, wir kommen leicht ins rutschen. An einigen Stellen sind große Steinbrocken auf den Weg gekullert, die die Rappelkiste nah an die Abgrundkante zwingen.

Weiter bergauf in die Einsamkeit. Plötzlich flucht Martin laut! Was ist los?! „Das Warnlicht der Bremse ist an!“ Verdammt! Wir stoppen.

Tatsächlich, der Bremsflüßigkeitsbehälter ist leer. Unsere Bremsleitung ist wieder leck…..Martin robbt unter den LKW.

Hoch oben auf dem Bergkamm, mitten in der Einöde der argolischen Berge. Es ist die gelötete Stelle, die wieder aufgerissen ist. Mitte Oktober haben wir die Leitung in einer LKW Werkstatt reparieren lassen – hat nicht lange gehalten. Mit abdichtendem Tape legt Martin einen Wundverband an. Das ist ziemlich knifflig, hält aber irgendwann ganz gut.

Eine halbe Stunde später sind wir wieder startklar. Bremsflüßigkeit ist nachgefüllt, das Flickwerk wird exakt einer Bremsung standhalten. Immerhin. Jetzt heißt es: Konzentration! Vor uns liegen 17 Kilometer bergab und Martin darf nicht auf die Bremse treten.

Unser Backup: die Motorbremse des Kriechgangs, die Staudruckbremse und die Feststellbremse. Damit muß es gehen. Okay, langsam vorwärts.

Der Boden ist aufgeweicht, der Pistenrand instabil und brüchig. Wir tasten uns gemächlich voran. Schade, daß wir diese schöne Strecke nicht ganz entspannt genießen können.

Unvermutet rollen wir an kleinen Olivenhainen vorbei, mit teilweise sehr alten Bäumen, auf leuchtend grünen Wiesen. Anschließend wird´s wieder enger, neben uns geht´s steil bergab, die letzten Regenfälle haben tiefe Rinnen in den Abhang gewaschen.

 

Schalten wird spannend. Während Martin die Kupplung tritt, kann er die Staudruckbremse nicht bedienen – während er schaltet, kann er die Feststellbremse nicht ziehen. In dem Moment nehmen wir ordentlich Geschwindigkeit auf, es geht stetig bergab. Unangenehm.

Die Piste wird schwieriger. Linkerhand an Felsen entlang, rechterhand am Abgrund. In den Kehren war der Weg mal befestigt, doch die Betonstücke sind alle unterspült und weggebrochen. Es wird nochmal enger.

Dann kommt eine Stelle, die uns stocken läßt. In der Kurve ist die Piste abgebrochen, am Abgrundrand klafft ein Loch in der Fahrbahn. Das ist definitiv zu schmal für uns. Was nun? Alles rückwärts wieder rauf?!

„Wir müssen da jetzt durch!“ sagt Martin. Es gibt nur eine Möglichkeit: Martin steuert die Rappelkiste so dicht an die Felswand wie irgendmöglich und schwenkt ein. Ich lehne aus dem Fenster, sehe das Hinterrad auf das Loch zurollen und sage die Entfernung an…3..2..1…JETZT!

Der Reifen sackt weg, wir kippen….

Martin gibt Vollgas!

Die Reifen bekommen Grip, die Rappelkiste zieht durch – geschafft! Verflucht nochmal! Das war brenzlig!!

Puh, alles gut gegangen!

 

Der Weg ist anstrengend, fordert deutlich mehr Konzentration als ohnehin auf solchen Pisten nötig. Nach anderthalb Stunden möchte Martin kurz Pause machen und tritt automatisch auf die Bremse….Verdammt…..das war das eine Mal, das unser Druckverband aushält. Also wieder unters Auto kriechen, einen neuen Verband anlegen, Flüßigkeit nachfüllen, ein Sch….ist das!

Endlich Asphalt, das Ende dieser Strapaze ist nah. In der Ferne sehen wir schon das verlassene Hotel am Salandi Beach, unser Ziel.

Runter, runter, runter, steil hinab führt die Strasse durch einen kleinen Ort. Ca 10% Gefälle, gefühlt sind es 40%.

Wir landen direkt am Strand. Erleichtert stellen wir die Rappelkiste ab, müde und erschöpft. Was für ein Fahrtag! Das haben wir uns ganz anders vorgestellt. Wir lassen den Tag revue passieren….

 

 

Vor allem dieses verdammte Loch in der Piste, das war knapp! Sowas brauchen wir nicht so schnell wieder. In Zukunft haben wir ein Bördelgerät und Ersatzteile dabei.

Ein paar Womos parken bereits, unter anderem das von Frauke und Michael. Die beiden treffen wir immer wieder mal unterwegs, immer zufällig. So auch hier. Das Abendgetränk haben wir uns verdient, wir plaudern noch ein Stündchen mit den Hamburgern, bevor wir reingehen.

Es ist Freitagabend, vor Montag wird´s nix mit der Bremsenreparatur, so lange bleiben wir hier stehen. Martin findet auf der Karte eine Werkstatt in der Nähe.

Im Hintergrund steht das Geisterhotel, das verlassene Saladi Beach Hotel. Aber das sehen wir uns erst morgen an.

Für heute ist es genug.

Bis bald, liebe Grüße!

Julia & Martin

Drink positive!

Auf Instagram: Rappelkisteberlin

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