Porto Palermo, ein kleiner Hafen zu Füssen der Burg von Ali Pasha. Nach dem schweren Gewitter der vergangenen Nacht zeigt sich wieder die Sonne und bietet uns einen fantastischen Blick auf die U-bootgarage.
Kräftige Männer laufen an unserem Lkw vorbei. Sie haben schwere Säcke geschultert. Am Strand sammeln sie weiße Steine ein und tragen diese dann herauf zu einer kleinen Kapelle. Dort werden die Steine mit Hämmern behauen und damit die Kapelle restauriert. Diese urtümliche, originalgetreue Renovierung fasziniert uns, was für eine Arbeit!
Wir steigen hinauf zur Burg. Ali Pasha hat sie Ende des 19.Jhd bauen lassen als Dreieck mit gewaltigen Ecktürmen. Unterstützt wurde der Bau von französischen Militäringenieuren, die nach Fertigstellung von Ali Pasha ermordet wurden. Granatapfelbäume säumen den Weg. Eine umfunktionierte Milchtüte dient als Kasse. 100,-Lek Eintritt, ca 0,80€.
Niemand da, wir sind ganz allein und tauchen ein in mysteriöse Gewölbe. Zuerst betreten wir eine Halle mit dicken Säulen. Nur der Eingang beleuchtet die Szenerie, die Wände sind 3,50m dick. Dämmriges Licht schafft es kaum in die finsteren Seitengänge. In den Türmen befanden sich die Gefängnisse. Rechts kommen wir durch einen stockfinsteren Durchschlupf ins Verlies. Feucht, dunkel, schaurig, hier ist man sicher schnell verrottet. Nur unsere Taschenlampen beleuchten die Gänge, wir tasten uns vorwärts, das Licht läßt die feuchten Wände glitzern. Weiter, begleitet vom Geräusch der Tropfen, die in stetem Rythmus von der Decke fallen. Unsere Schritte klingen hohl in den düsteren Räumen, vereinzelt fällt Licht durch hohe, kleine Öffnungen. Die zwei Gemächer von Ali Pasha haben einen großen Kamin, der Herrscher hatte es etwas gemütlicher. Alle anderen mußten im feuchten, kalten Dunkel leben. Eine lange, steile Treppe führt aufs Dach in die Sonne, hier kann man durchatmen und hat einen großartigen Rundblick. Dann wieder hinunter ins dunkle Gemäuer bis wir einen schmalen, grün bemoosten Durchgang zu einem Garten mit Brunnen finden. Tief unter uns donnern die Wellen gegen die Felsen. Wie zwei Höhlenforscher erkunden wir jeden Raum, es ist ein wenig gruselig. Nach fast einer Stunde ist unsere Besichtigung zuende, wir sind begeistert von der Burg und zugleich erleichtert wieder in der hellen Natur zu sein!
Noch 60 Kilometer bis Ksamil, das „Südseeparadies“ Albaniens, so heißt es. Nach gerade mal fünf Minuten Fahrt entdecken wir den langen Sandstrand von Borsh.
Später gestehen wir uns gegenseitig, daß wir beide im Stillen überlegt haben, hier schon wieder anzuhalten, schließlich scheint so schön die Sonne. Aber keiner hat etwas gesagt und so sausen wir dran vorbei.
Das meistgesehene Verkehrszeichen in Albanien ist das Kurvenwarnschild. Kurven, Kurven, Kurven, es geht eine grüne Schlucht abwärts.
Die Olivenernte ist in vollem Gange. Viel Handarbeit. Wir kommen auf eine Hochebene mit Terassenanbau, sieht fast asiatisch aus. Mittags rollen wir durch den Ort Ksamil und finden auf einer Landspitze einen perfekten Platz bei einer geschlossenen Strandbar. Korfu scheint zum Greifen nah, die großen Italienfähren fahren hier durch die Meerenge nach Igoumenitsa. Über das türkis leuchtende Meer fällt der Blick auf kleine Inseln und die Bucht von Ksamil. Südsee? Naja, aber ganz sicher ein wunderschönes Fleckchen Erde.
Eine junge Familie spaziert vorbei, der Mann spricht uns an: „hello, you need Camping?“ Sein Blick fällt auf die Rappelkiste, er schüttelt den Kopf: „No, you don´t need Camping.“ Er ist der Betreiber des Platzes in der Nähe, aber hat kein Problem damit, daß wir lieber hier stehen bleiben möchten.
Abends trifft noch ein Ländi ein, Sophie und Thomas, ebenfalls unterwegs nach Griechenland und es stellt sich heraus, daß sie unsere Freunde Josie und Benni bei Plataria besuchen wollen, genauso wie wir!
Hier in Ksamil geht unsere wunderbare Albanienreise zuende.
Am nächsten Morgen brechen wir auf zur griechischen Grenze, zurück in die EU. Wir sind mal wieder gespannt: wird die Wiedereinreise in die EU kompliziert werden? Wird vielleicht diesmal unser Wohnhaus durchsucht?
Zum nächsten Grenzübergang muß man entweder einen weiten Bogen zurückfahren oder man kann einen kürzeren Weg nehmen und eine Fähre benutzen. Wir nehmen letzteres.
Zwischen Feldern führt die Strasse zur Grenze. Schon die ganze Zeit habe ich mich gefragt, warum an Häusern, Baugerüsten oder Feldern riesengroße Plüschtiere hängen. Meistens Teddies aber auch Affen oder Elefanten, sonnenverblichen, vom Regen verwaschen und groß wie 4jährige Kinder. Angeblich, so finde ich heraus, wehren die Kuscheltiere den bösen Blick ab, interessant, davon hatte ich noch nie gehört. Leider gelingt es mir kein einziges Mal ein Foto von den Plüschtieren zu machen, vielleicht wehren die Teddies auch den „Kamerablick“ ab? Wer weiß…..
Bei Butrint erreichen wir den Fähranleger. Oh ha, die Fähre besteht aus einigen Brettern auf vier großen Pontons und ist etwas länger als die Rappelkiste. Wir fragen den Fährmann, ob wir mit können. Er weiß nicht, da muß er erst telefonieren. Es folgt eine lange, ausführliche Diskussion mit dem Fährkollegen. Dann: „come, no problem!“ “How much is it?“ “10,-€ “. Das ist viel zu teuer, aber zurückfahren möchten wir ja auch nicht. Also verbuchen wir das unter “Fährmannsponsoring“. Mir ist etwas mulmig, aber Martin meint, die werden schon kein Risiko eingehen, sie wollen ja sicher ihre Fähre noch behalten. Einleuchtend.
Als wir mit den Vorderreifen auf die Bretter fahren sackt das ganze Floss nach unten ab. „Come, come“ rufen die Fährleute und fuchteln wild mit den Armen. Schnell, schnell weiter drauf. Alles geht gut, das Floss trägt uns zuverlässig ans andere Ufer. Eine Abfahrtrampe gibt es nicht, wir überrollen eine Art Bordstein, das Floss sackt wieder ab, jetzt schnell und – geschafft!
Von hier sind es nur noch wenige Kilometer bis zur Grenze.
Wir wären ja so gerne noch geblieben….. das Wetter jagt uns weiter nach Süden in die Wärme. Albanien hat uns sehr gut gefallen. Die Menschen sind sehr freundlich, interessiert aber nie aufdringlich. Viele erzählen begeistert von ihrer Zeit in Deutschland. Wir haben uns überall wohl und willkommen gefühlt. Die Landschaft ist eine Wucht!
Ja, die Armut und das enorme Müllproblem sind nicht zu übersehen. Das Strassenbild ist eindeutig von Männern dominiert, Frauen sieht man in Geschäften oder bei der Arbeit aber nie in Cafe´s.
Für uns steht fest, daß wir zurückkommen werden, zu einer wärmeren Jahreszeit, die gewaltigen Berge und das Landesinnere wollen noch erforscht werden. Wir freuen uns jetzt schon drauf!
Liebe Grüße, bis bald
Julia & Martin
Drink positive!
Nachtrag: etwa eine Woche später erschüttert ein schweres Erdbeben der Stärke 6,4 die Gegend um Durres. Viele Tote und Verletzte sind zu beklagen. Wir erfahren davon durch die besorgten Nachfragen von Familie und Freunden. Betroffen sehen wir die Bilder und sind gleichzeitig froh und dankbar, daß wir zu dieser Zeit bereits in Griechenland sind. So knapp.
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