Auf ins neue Jahr und in eine andere Welt

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Wir machen uns auf den Weg nach Algeciras, zwei Nächte später stehen wir auf dem Camperparkplatz beim Centro Comercial. Hier finden wir außer Lidl, Mercadona, Carrefour etc auch Carlos´ Reiseagentur, die uns von fast jedem Marokkofahrer unterwegs empfohlen worden ist. Unser offenes Ticket nach Tanger Med kostet 180,-€ für Hin- und Rückfahrt. Wir bekommen die Formulare ausgefüllt, die Ein- und Ausreisezettel in die Hand gedrückt und werden noch vor den illegalen Schleppern in der Hafenzufahrt gewarnt. Letzte Einkäufe, der Camperplatz füllt sich mit Womos. Martin schmiert den Steyr nochmal ab, versucht, unseren Kilometerzähler im Tacho zu reparieren, der sich leider verabschiedet hat. Die Fähre um 8 Uhr ist uns zu früh, die um 11 soll es sein. Am Hafengelände ignorieren wir die wild winkenden Schlepper, fahren durch die erste Schranke und werden von fröhlichen Einweisern mit „Torro, Torro“ – Rufen begrüßt. Wie Torreros dirigieren sie uns in die richtige Wartespur.

Eine Stunde warten, dann geht´s zum Schiff. Passkontrolle, dann rein. Drinnen alles sehr hektisch, ich bin noch nicht aus dem Steyr geklettert, da schiebt sich schon der nächste Riesenlkw rückwärts auf uns zu. Schnell, schnell, sonst sitz ich in der Klemme!

Um halb 12 legen wir ab. Adios Europa! Es weht ein ordentlicher Wind und das Schiff schwankt zwischen Europa und Afrika hindurch. So nah! Tarifa liegt steuerbord und die afrikanische Küste backbord, knapp vierzig Kilometer liegen zwischen Tarifa und Tanger.

Wie einfach das für uns Europäer ist, von der einen auf die andere Seite zu kommen und wie unendlich schwer umgekehrt für die Afrikaner. Auf dem Schiff werden die Pässe abgestempelt, Riesengedränge um den kleinen Tisch, so ein Blödsinn, wir stellen uns erst viel später an und da ist alles ganz ruhig.

Eineinhalbstunden dauert die Überfahrt normalerweise, wir schaukeln aber eine zusätzliche Dreiviertelstunde vor Tanger Med herum und warten auf das Lotsenboot. Dann rollen wir endlich aus der Fähre auf afrikanischen Boden. Vor 29 Jahren waren wir das letztemal in Marokko, damals mit unserem Opel C Rekord Caravan und unserem großen Hund, der Dicken. Wir sind gespannt. Erstmal wieder Passkontrolle. Dann beim Zoll rechts raus. Mit den Pässen sollen wir 100 Meter weiter zu einer kleinen Bude gehen zur Polizei, hier warten schon einige Leute. „Une heure!“ empören sich einige Franzosen. Eine Stunde warten sie schon. Nach 15 Minuten kommt der Polizist rübergeschlurft, beginnt, die Stempel im Pass zu überprüfen. Dann wieder zurück zum Zoll. Hier werden in einer längeren Prozedur die Fahrzeuge eingetragen, man bekommt einen Zettel. Zurück zum Fahrzeug, alles okay, wir dürfen fahren. Andere müssen alles ausladen oder ihre Anhänger öffnen, wir nicht. Nochmal Pässe – “ Bienvenue au Maroc!“ – um 15 Uhr sind wir durch, noch schnell Geld wechseln, dann spurten wir auf die Autobahn. Juhuuh, Marokko, wohin jetzt? Asilah liegt ca 80 Kilometer weiter am Atlantik, das ist gut vorm dunkeln zu schaffen. Während bei uns Fussgänger auf der Autobahn einen Radioverkehrshinweis wert sind, ist das hier ganz normal. Am Strassenrand weiden Schafe und Ziegen, Leute gehen ihrer Wege. Schwankende, völlig überladene Laster und PKWs sind unterwegs. Grün ist die Landschaft, ein Mann geht hinter seinem Esel her übers Feld, der Esel zieht einen Pflug. Erste Eindrücke.

Der Parkplatz am Kreisel in Asilah liegt am Strand, der Parkwächter kommt kassieren, 40MAD, das sind ca 4,-€.  Oh, er kann nicht wechseln, ob er das Wechselgeld behalten kann? Wir habens auch passend… ob wir ein Souvenir für ihn haben? Nein, leider….oder vielleicht ein Bier? Non, désolé, tut uns leid…. auch in Ordnung, er winkt freundlich und zieht ab. Wir wandern los, die leicht verfallene Strandpromenade entlang zur Altstadt. Etliche prächtig rosa geschmückte Prinzessinnenkutschen, von zierlichen, schmalbrüstigen Pferdchen gezogen, warten auf Kundschaft. Durch das uralte Stadttor kommen wir in die Medina.

Auf einem kleinen Platz spielen Kinder Fussball, die Häuser sind weiß mit leuchtend blauen oder helltürkisgrünen Türen, die Gassen eng, kleinste und winzigste Geschäfte und Werkstätten. Friseure mit einem Frisierstuhl in ihrem 6qm großen Laden, bis unter die hohe Decke Regale voller Schampoos, Tuben und Wässerchen. Klamotten, Schuhe, Kunst, Taschen, Gemüse, Gewusel und Irrgarten. Wie Mönche sehen die Männer in ihren braunen Kapuzenkutten aus. Die Frauen tragen sehr farbenfrohe Gewänder.

Tausende von Staren sitzen in den Bäumen und pfeifen, der Muezzin ruft in der Abenddämmerung. Mittelalter. Ganz schön fremd und total faszinierend!

Nach einer Stunde wandern wir zurück, draussen vor dem Stadttor bieten die Fischer auf Holzkarren ihren Fang zum Verkauf an, sieht sehr frisch und gut aus. Der Parkplatzwächter hat vor seinem Zelt ein Feuerchen gemacht, eine 14-köpfige Hundemeute sucht den Strand nach essbarem ab. Wow, der erste Tag Marokko, wir sind ziemlich überwältigt.

Nach einer ruhigen Nacht weckt uns morgens um 7 Uhr der Muezzin. Gut so, wir wollen früh los. Heute werden wir die Autobahn meiden und über die Landstrasse fahren. Gleich hinter Asilah bestehen die Siedlungen erst aus niedrigen Steinhäuschen, dann aus Wellblech und Plastikplane. Das ist schon heftig.

In Spanien hatte mich die bewohnte Bauruine geschockt, wie naiv! Ein Haus aus Stein ist schon gehobene Klasse. Sehr viel Plastikmüll überall, auf jedem Feld, in jedem Waldstück, vor den Häusern. Die Kinder spielen Fussball im Müll, die Tiere fressen drumrum.

Ein Bauer hütet im Strassengraben 3 Kühe. Ich glaube, ich hab noch nie so magere Kühe gesehen. Wir kommen durch Erdbeer- und Bananenplastikplantagen. Viele Esels- und Pferdekarren sind unterwegs. Leute reiten auf Eseln mit voll beladenen Körben zum Markt. Findet der Esel bei uns nur noch im Streichelzoo und als Wurst Verwendung, so hat er hier noch sehr viele wichtige Aufgaben zu erfüllen. Aber er wird schon verdrängt durch die Docker, Motorräder mit Karren hintendran. Überladene LKWs kommen uns entgegen. Viele Leute winken uns zu wenn wir vorbei fahren, Kinder winken sowieso.

Wir fahren ein paar Tankstellen an, keiner nimmt Karte, nur Bares. Südlich von Larache finden wir beim Marjane Supermarkt endlich eine Afriquia Tankstelle, die Kreditkarten nimmt. Der Liter Diesel kostet umgerechnet 0,82€. Einmal volltanken, bitte! 300 Liter fliessen in unseren Tank. In Moulay Bousselham fahren wir zum Camping an der Lagune. „Kommt rein!“ begrüßt uns der Besitzer. Er spricht sehr gut deutsch, wir quartieren uns ein. Der Platz ist schön, nur die Stromversorgung ist  etwas außergewöhnlich.

Silvestermorgen, der 31.12. Strahlende Sonne begrüßt uns, als wir mittags zum Fischmarkt am Strand gehen. Kleine Fischerboote kommen angetuckert und landen direkt am Strand. Sofort drängen sich die Händler in die Boote, der Fang wird begutachtet. Andere haben bereits ihre 2 oder 3 Kisten ausgeladen, es wird laut gefeilscht. Verkäufer hocken auf Plastikkanistern oder auf dem Boden und bieten ihre Ware in Kisten auf dem Sandboden an. Daneben stehen große, rostige Waagen aus dem 19. Jhd. Scheinen aber eher Dekoration zu sein. Mancher hat seinen Fisch auch direkt auf dem Sand liegen. Große Rochen, Tintenfische, Doraden, Makrelen, Barsche, viele, deren Namen ich nicht kenne. Das ist schon sehr afrikanisch hier. Viele Leute wuseln rum. Uns fällt auf, daß keine einzige Fliege auf den Fischen hockt, es riecht auch überhaupt nicht nach Fisch. Frischer kann Fisch wohl nicht sein. Wir kaufen einen Bonito und zwei Makrelen für 2,-€ und lassen ihn noch sauber ausnehmen.

Wieder auf dem Camping starten wir den Grill. Mit einem Salat und einem total leckeren kleinen Fladenbrot wird das unser Silvesteressen und wir glauben, wir haben noch nie besseren Fisch gegessen! Auf dem Camping treffen nach und nach mehrere Offroader ein, große und kleine, auch Ute und Bertie mit ihrem Mercedes Rundhauber von 1964 auf dem Weg nach Südafrika.

Wir liegen in der Sonne, ein paar Leute kommen vorbei zum plaudern, der Nachmittag plätschert gemütlich vor sich hin. Am frühen Abend entzünden wir ein Lagerfeuer, der Muezzin ruft zum Abendgebet, wir laden Ute und Bertie ein rüberzukommen. Das wird ein sehr fröhlicher, lustiger Abend mit den beiden. Wir erzählen und lachen, Martin und Bertie gehen später mit Taschenlampen los und zerren noch einen großen trockenen Ast herbei zum verfeuern. War schön mit euch! Gegen 23 Uhr lösen wir die Runde auf, ziehen uns in unsere LKWs zurück.

 

Was für ein wunderschönes Jahr das war! Um Mitternacht stossen Martin und ich an, auf 2019! Kein einziger Böller ist zu hören. Nur ein paar bellende Hunde in der Nacht…..

Euch allen ein gesundes, frohes neues Jahr!

Bis demnächst, liebe Grüße

Martin & Julia

Drink positive!

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